Lula - © Foto: APA / AFP / Carl De Souza

Lula: „Präsident der Armen“

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Der 77-jährige Luiz Inácio Lula da Silva konnte sich bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien durchsetzen.

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Der 77-jährige Luiz Inácio Lula da Silva konnte sich bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien durchsetzen.

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Nach Wochen des Hasses und der politischen Schlammschlacht schlägt Brasiliens künftiger Präsident versöhnliche Töne an. „Es ist an der Zeit, die Familien wieder zusammenzuführen und die Bande der Freundschaft wiederherzustellen“, sagt Luiz Inácio Lula da Silva nach seinem Wahlsieg vergangenen Montag. „Niemand ist daran interessiert, in einem geteilten Land zu leben, in einem permanenten Kriegszustand.“ Lulas Anhänger feiern auf der Avenida Paulista in der Millionenmetropole São Paulo das Comeback der Linken-Ikone und tauchen die Prachtstraße in das Rot der Arbeiterpartei (PT). Die Menschen liegen sich in den Armen, schwenken Fahnen und weinen vor Freude. Bei den in Gelb und Grün gekleideten Anhängern des rechten Amtsinhabers Jair Bolsonaro hingegen herrscht in der Wahlnacht blankes Entsetzen. „Ich bin hier, um dieses Land in einer sehr schwierigen Situation zu regieren“, sagt Lula bei seiner Siegesrede. „Es gibt keine zwei Brasilien, nur ein Volk. Es ist an der Zeit, die Waffen niederzulegen.“ Viele seiner Anhänger verbinden Lula noch immer mit den goldenen Zeiten Brasiliens. Während seiner Amtszeit von 2003 bis 2010 modernisierte der „Präsident der Armen“ die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas und verbesserte die Lebensbedingungen Millionen armer Brasilianer mit dem Programm „Fome Zero“ („Null Hunger“) und der Familiensozialhilfe. Allerdings blühte während seiner Regierungszeit auch die Freunderlwirtschaft. Lula selbst saß über ein Jahr wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis – das Urteil wurde später aus formalen Gründen aufgehoben.

Die befürchteten Gewaltexzesse nach dem Sieg Lulas blieben im Land aus. Zunächst war Bolsonaro untergetaucht, doch vergangenen Dienstag sagte er, er wolle die „Verfassung respektieren“. Somit ist der Weg für Lula nun endgültig geebnet. Die Erwartungen an den Staatschef sind enorm. Bolsonaro hat das Land mit seiner Verweigerungshaltung beim Umweltschutz, seiner eigenwilligen Coronapolitik und seinen vulgären Ausfällen auf der Weltbühne isoliert. Der erfahrene Diplomat Lula könnte Brasilien auf dem internationalen Parkett nun rehabilitieren.

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