Hans Tuppy - Hans Tuppy wird am 22. Juli 95 Jahre alt. - © Foto: APA / Georg Hochmuth

Nestor der Wissenschaft, intellektueller Katholik

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Den informellen Titel „Nestor“ hat man mit 95 gewiss verdient. Hans Tuppy, eine der herausragenden Gestalten der Wissenschaft wie des intellektuellen Katholizismus in Österreich, begeht diesen hohen Geburtstag am 22. Juli.
1924 in eine böhmische Familie in Wien geboren, geriet Tuppy schon als Teenager in tödliche Zeitläufte: Der Vater war 1. Staatsanwalt im Prozess gegen die Dollfuß-Attentäter 1934, das NS-Regime ermordete ihn 1939 im KZ Sachsenhausen. Hans Tuppy wuchs in der Folge also vaterlos auf, aufgrund einer Verletzung blieb ihm die Kriegsteilnahme weitgehend erspart. 1942 bis 1948 studierte er an der Universität Wien Chemie. Noch vor Kriegsende gehörte Tuppy im Kreis um die Studentenseelsorger Karl Strobl und Otto Mauer zu den Gründern der Katholischen Hochschulgemeinde Wien. 1945 war er auch Mitbegründer der Österreichischen Hochschülerschaft. 1949 ging Tuppy nach Cambridge, wo er bei Fred Sanger an der Aufklärung des Insulins mitarbeitete (Sanger erhielt dafür 1958 den Nobelpreis). 1951 kehrte er nach Wien zurück, 1958 wurde er Professor für Biochemie an der Medizinischen Fakultät. Neben bahnbrechenden wissenschaftlichen Arbeiten (etwa die Strukturaufklärung des „Kuschelhormons“ Oxytocin) bildete Tuppy Generationen von Medizinstudenten „chemisch“ aus. 1983 bis 1985 war er Rektor der Universität Wien, Präsident der Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Erhard Busek holte den zum „Denker-Vorfeld“ der ÖVP Gehörenden 1987 als Wissenschafter ins Kabinett Vranitzky, 1989 kehrte er an die Universität und ans von ihm mitgegründete Institut für Molekulare Pathologie in Wien-Landstraße zurück. Auch nach seiner Emeritierung 1999 war er bis in sein hohes Alter wissenschaftlich tätig. Die Universität Wien und die ÖAW riefen zu seinen Ehren 2016 die „Hans Tuppy-Lectures“ ins Leben. Neben der wissenschaftlichen Karriere blieb er zeitlebens seinen katholischen Wurzeln treu, er engagierte sich im Vorfeld des II. Vatikanums und danach als Vertreter eines weltoffenen, aber im Glauben verwurzelten Katholizismus. In der FURCHE resümierte Tuppy sein Christsein einmal so: „Zu mir gehört auch ein Grundvertrauen, welches bei vielen Christen offensichtlich nicht besteht, die immer nur Unheil sehen.“

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