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Politischer Sadismus
Der zur Zeit in weiten Kreisen gepriesene amerikanische „Durchbruch” bei den Friedensverhandlungen zwischen den, wie es international heißt, drei Kriegsparteien in Bosnien, enthält neben der serbischen Anerkennung des Staates Bosnien-Herzegowina, auch die Anerkennung der „Serbischen Republik” innerhalb dieses Staates durch die bosnische Regierung. Das kann nur als „politischer Sadismus” bezeichnet werden. Auch den amerikanischen Friedensstiftern wird es nicht entgangen sein, daß der Krieg von Belgrad ausgehend unter dem Motto begonnen wurde: Wo Serben sind, dort ist Serbien, also auch in Kroatien, in Bosnien, in Mazedonien et cetera.
In diesem Sinne aber wurde in Bosnien „ethnisch gesäubert”, das heißt Genozid begangen an Hunderttausenden von bosnischen Menschen. Darum wurde dieser Krieg, der eigentlich keiner ist, sondern schlicht und einfach ein Verbrechen, eben auch von der UNO als „verbrecherisch” eingestuft. Jetzt aber hat man die Opfer veranlaßt, den serbischen „Staat”, der mit solchen Methoden errichtet wurde, anzuerkennen, sogar noch bevor er international anerkannt worden wäre.
Die Zerstörung geht weit über die materielle Destruktion durch Granaten und Munition hinaus... Das, was vor dem Krieg im Zusammenleben der bosnischen Männer und Frauen keine Rolle spielte, nämlich die ethnische Zugehörigkeit, drängt sich jetzt oftmals ungewollt zwischen sie ... Die große menschliche Leistung der Uberlebenden besteht darin, gegen diese schleichende, zerstörerische Kraft anzugehen und miteinander in Kommunikation zu bleiben -dies wird täglich in Sarajewo, Tuzla und Zenica praktiziert... Mit jedem Monat, mit dem ihre Widerstandskraft schrittweise nachläßt, wächst die Schuld der Urheber dieser Zerstörung. Doch diese Schuld betrifft auch die verantwortlichen Politiker der Kontaktgruppe und des Weltsicherheitsrates ...”, sagt die deutsche Gynäkologin Monika Hauser, Geschäftsführerin der „Medica” in Köln und Gründerin der Frauenklinik in Zenica, wo sie seit 1992 hauptamtlich tätig ist.
Auch im Kosovo steigt derzeit die Spannung. Die wachsende Zahl serbischer Flüchtlinge aus der Krajina bedeutet eine schwere Provo- i kation für die albanische Mehrheitsbevölkerung (siehe auch Kisze-ly-Beitrag). Häuser, Wohnungen und Landbesitz werden kurzerhand den albanischen Eigentümern weggenommen, die Familien ausgesiedelt und die neuen Serben angesiedelt. „Sie gehen stets in Begleitung serbischer Polizisten. Angeblich um sie vor uns Albanern zu schützen. Wahrscheinlich aber viel eher, um einen Kontakt mit uns zu verhindern.” Die Albaner wissen, daß die Flüchtlinge nicht im „Armenhaus” Kosovo sein wollen, und daß sie auch keinen Grund haben, dem serbischen Präsidenten Milosevic, der verantwortlich ist für ihr Schicksal, zu trauen.
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