Reiner Haseloff: Der Katholik aus der Lutherstadt
Der 67-jährige Reiner Haseloff hat im Wahlkampf den Spagat geschafft, sich von der Merkel-CDU abzugrenzen, ohne sich der AfD anzubiedern.
Der 67-jährige Reiner Haseloff hat im Wahlkampf den Spagat geschafft, sich von der Merkel-CDU abzugrenzen, ohne sich der AfD anzubiedern.
Als bieder und Mann ohne Charisma wurde Sachsen-Anhalts Ministerpräsident noch vor Wochen vor allem von westdeutschen Medien geschmäht. Dass ausgerechnet er der AfD die Stirn bieten könne, trauten ihm wenige zu. Doch die Kritiker sind seit der Wahl am vergangenen Sonntag verstummt. Reiner Haseloff wurde quasi über Nacht zum Superstar der CDU. Obwohl er sich im parteiinternen Machtkampf um den CDU-Vorsitz für Söder eingesetzt hatte, dürfte er mit den erreichten 37 Prozent zu einer großen Stütze für Armin Laschets Bundestagswahlkampf geworden sein.
Haseloff stammt aus einer alteingesessenen Familie der Lutherstadt Wittenberg. Bereits 1423 findet sie in der Stadtschrift Erwähnung. Bis heute hat der 67-Jährige seinen Hauptwohnsitz in seinem Heimatort, in dem auch seine Frau Gabriele für die CDU im Stadtrat sitzt. Zu DDR-Zeiten arbeitete der promovierte Physiker in der Umweltforschung. Nach der Wende startete der zweifache Vater und mehrfache Großvater seine politische Karriere auf kommunaler Ebene. Bis 2002 war er Direktor des Arbeitsamts Wittenberg, bevor er als Staatssekretär in das Wirtschaftsministerium nach Magdeburg wechselte. Im Jahr 2011 wurde Haseloff – ein gläubiger Katholik, der sich in der Kirche engagiert – schließlich zum Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt gewählt.
Haseloffs Art, sich zu positionieren, könnte europaweit für konservative Kräfte Schule machen. So schaffte er im Wahlkampf den Spagat, sich von einer nach links gerückten Merkel-CDU zu distanzieren und sich gleichzeitig von den Rechtspopulisten klar abzugrenzen. Von vornherein hatte der Ministerpräsident jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. Mit seinem Slogan „Der Richtige in schwierigen Zeiten“ konnte er neben der eigenen Basis vor allem Nichtwähler mobilisieren, aber auch von Grünen und der Linkspartei Stimmen abziehen.
Einer Verlängerung der bisher regierenden Kenia-Koalition (CDU/SPD/Grüne) wurde bereits eine Absage seitens der Grünen erteilt. Als am wahrscheinlichsten gilt, dass Haseloff nun die Liberalen (FDP) ins Kabinett holt.
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