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Zum Tod von Amitai Etzioni

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Amitai Etzioni, 1929 als Werner Falk in Köln geboren, verstarb am 31. Mai 2023 in Washington, D.C.

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Amitai Etzioni, 1929 als Werner Falk in Köln geboren, verstarb am 31. Mai 2023 in Washington, D.C.

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In den letzten Jahren ist es stiller geworden um den Kommunitarismus, der jedenfalls Ende des 20. Jahrhunderts in den Diskussionen um politische Theorien einen wichtigen Platz einnahm. Bill Clinton oder Tony Blair galten als Politiker, die kommunitaristische Ansätze, die eine Gegenbewegung gegen den Neoliberalismus, einen Weg zwischen den rechten und linken Gesellschaftstheorien versucht hatten.

Der Kommunitarismus, der die Entfaltung des Individuums eingebettet in eine soziale Gemeinschaft propagiert, wurde wesentlich vom US-amerikanischen Soziologen Amitai Etzioni geprägt. Am 31. Mai ist Etzioni 94-jährig in Washington, D.C. verstorben.

Geboren 1929 als Werner Falk in Köln, floh Etzioni 1936 mit seinen Eltern vor den NS-Verfolgern nach Palästina. 1946 nahm er am israelischen Unabhängigkeitskampf teil. 1950 begegnete Etzioni Martin Buber, dessen Idee des dialogischen Prinzips prägte ihn nachhaltig.

Nach Soziologiestudien in Kalifornien ging Etzioni für 20 Jahre als Soziologieprofessor an die Columbia University in New York. Der Gegner des Vietnamkriegs gehörte in der Folge der liberalen Washingtoner Denkfabrik „Brookings Institution“ an und war Berater des US-Präsidenten Jimmy Carter. Ab 1980 übernahm er den Kommunitarismus-Lehrstuhl an der George-Washington-Universität in der US-Hauptstadt.

In jungen Jahren war Etzioni in Israel der Kibbuz-Bewegung zugehörig, daraus entwickelte er unter Zuhilfenahme religiöser Ansätze aus Judentum, Christentum, aber auch Konfuzianismus seine Theorie des Kommunitarismus, den er als ein Austarieren zwischen Gemeinwohl und Individualinteressen verstand. Allerdings rief einer der Ausgangspunkte des Kommunitarismus, nämlich dass sich Bürger einer Gesellschaft tugendhaft verhalten sollten, auch die Kritik hervor, dass dies zu „Tugendterror“ führe – eine Auseinandersetzung, die insbesondere in den letzten Jahren an Schärfe zunahm, wobei die kommunitaristischen Ursprünge dieser Debatte zuletzt wenig im Vordergrund waren.

„Die Welt braucht eine neue globale Architektur und zusätzliche Ebenen des Regierens, um Probleme zu bewältigen, mit denen weder Nationen noch traditionelle Formen zwischenstaatlicher Organisationen fertigwerden können.“ Diesem Ausspruch des nun in hohem Alter verstorbenen Amitai Etzioni ist dennoch auch heute wenig hinzuzufügen.

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