15 Minuten oranger Ruhm

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Was nicht alles schon in die Verfassung hineingeschrieben wurde oder werden sollte! Eine "Schutthalde für ungelöste politische Fragen und für ungelöste politische Probleme“ hat das einmal Grünen-Chefin Eva Glawischnig zu Recht genannt - die bekanntesten Stichworte dazu lauten Benzinpreis und Taxikonzessionen.

Paradoxerweise wollte der damalige SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer sogar das "Nulldefizit“ - über das sich er und seine Parteifreunde gar nicht genug empören oder auch mokieren konnten - in die Verfassung schreiben lassen. Aber Gusenbauer war natürlich intelligent genug, um das Richtige und Notwendige zu erkennen (nur scheute er die Mühen der politischen Umsetzungsebenen). Möglicherweise wollte er sich damit ja für den Fall seiner Kanzlerschaft gegen den Hang zur "realsozialistischen Wiederbetätigung“ (© Erwin Zankel, Kleine Zeitung) vieler seiner Parteifreunde absichern.

Nur eine symbolische Geste

Dennoch ist es prinzipiell zu hinterfragen, ob alles, was sinnvoll und richtig ist, auch schon in den Verfassungsstein gemeißelt werden soll. Das gilt auch für die aktuelle Diskussion um die "Schuldenbremse“. Ihr haftet ja etwas Skurriles an. Es ist so wie mit jemandem, der erkennt, dass er weniger Geld ausgeben oder weniger trinken und essen sollte, und das umständlich und weitschweifig festschreibt, statt dass er stante pede einfach damit beginnt. "Ja morgen, morgen, fang’ ich ein neues Leben an!“ heißt das in der Sprache des Austropop …

Das Beste also wäre - immer schon - fiskalpolitische Disziplin und Austerität gewesen. Dann stünden wir heute anders da. Zuerst aber eine Schuldenbremse zu diskutieren, und sie dann nicht in die Verfassung zu schreiben, ist ein verheerendes Signal, worauf sich die strengen Herren in den grauen gutsitzenden Anzügen (Finanzmärkte, Ratingagenturen …) schon ihren Reim machen werden. Sie nur als einfaches Gesetz zu beschließen, ist eine symbolische Geste, nicht mehr.

Nun kann man darüber räsonieren, warum es der Regierung nicht gelungen ist, wenigstens eine der Oppositionsparteien ins Boot zu holen, um die erforderliche Zweidrittelmehrheit zustande zu bringen. Vielleicht ist es ihr ja auch ganz recht: Wir wollten ja eh - aber leider, leider … Zumindest bei Werner Faymann ist man sich ja nicht ganz sicher, ob er den Sinn des Unterfangens verstanden hat. Für sich und seine Klientel hat er es sich immerhin so zurechtgelegt, dass dann die grauen Herren (s. o.) weniger böse zu uns sind.

Aber letztlich kann man hier Blau, Grün und Orange nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Von den nationalen Sozialisten war freilich nichts anderes zu erwarten - und auch die Grünen bremsen gerne alles Mögliche aber nicht das Geldausgeben. Also hätte es die Stunde des Josef B. sein können. Er hat seine "15 minutes of fame“ (Mc Luhan/Warhol) gehabt - aber leider nicht genutzt.

Orange Emanzipationsversuche

Damit fügt sich dieser Fall ins orange Gesamtbild: eine Partei, die immer wieder zumindest in der Person ihres Vorsitzenden durchaus respektabel versucht, sich von ihren Wurzeln zu lösen, von den Gründervätern zu emanzipieren - und ihnen dennoch nicht ganz entkommt. Immer wieder klingen die alten Töne an, wird der Versuchung des Populismus nachgegeben. Dabei, so möchte man meinen, müsste es im österreichischen Parteienspektrum ja ganz einfach sein, sich als rechtsliberale Kraft zu positionieren - neben SPÖ, Grünen, FPÖ und ÖAAB.

Viel Zeit hat Josef Bucher nicht mehr, zu beweisen, dass es ihm damit ernst ist und er das auch "auf den Boden“ bringt. Erfolgsgarantie gibt es so oder so keine. Aber die bisherige Unentschlossenheit ist der sicherste Weg zum Misserfolg. Andersherum gesagt: Wenn man schon damit rechnen muss, aus dem Parlament zu fliegen, kann man gleich das Vernünftige tun.

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