Nach dreißig Jahren im Priesterberuf ist man sich natürlich darüber im Klaren, dass jedenfalls im "aktiven" Dienst die Mitte längst überschritten ist. Dazu kommt aber auch das Gefühl, einer Entwicklung im Weg zu stehen, die von der Leitung der Weltkirche offensichtlich gewollt und von den meisten Diözesanbischöfen mitgetragen oder zumindest hilflos hingenommen wird.
Nicht mehr gefragt ist das Verständnis von Pfarrseelsorge als Dienst für eine konkrete und überschaubare Gemeinde am Ort. Wer dieses Verständnis einmahnt, bekommt es mit den neuen Strategen der "Umstrukturierung", sprich: Fusionierung von Pfarrgemeinden zu "Seelsorgeräumen", zu tun. Die Menschen seien ohnedies nur mehr "mobil" und in verschiedenen "Lebenswelten" zu Hause. Die Pfarrer sind als Großstrukturmoderatoren und durchreisende Sakramentenspender gedacht. Nicht mehr gefragt ist auch die ohnedies erst zögerlich begonnene Teilung der Verantwortung mit den "Laien" genannten Getauften und Gefirmten. Die Weihevollmachtsträger dürfen keine "Konkurrenz" durch Mitsprache der Gemeinden bekommen. Das würde auch die "Identität" der Geweihten gefährden und den durch zu viel "Rollenunsicherheit" mitverursachten Mangel an Priestern noch größer werden lassen, hört man.
Nicht mehr gefragt ist schließlich das Verständnis der Sakramente als "für die Menschen da" und nicht umgekehrt. Das betrifft nicht nur das "großraumseelsorgliche" Wegrücken der Sakramente von den Menschen (siehe oben), sondern auch die Erstarrung in einige Jahrhunderte alten Formen an Stelle einer Weiterentwicklung, wie sie seit dem Anfang der Kirche immer stattgefunden hat.
Zwiespältig also die Gefühle, wenn man 2007 dreißig Jahre Priester ist.
Der Autor ist Pfarrer in Probstdorf und Universitätsseelsorger.
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