Abendland ist nicht zu retten

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Ob im Waldviertel nun ein Stupa steht oder nicht: Traditionelle Religiosität wird weiter erodieren. Und ragen deren Türme noch so hoch in den Himmel: Die Kirchen werden dadurch nicht voller. Anmerkungen nach dem Volksentscheid von Gföhl.

Man kann es als regionale Posse abtun: Da will eine buddhistische Privatstiftung einen Stupa im Waldviertler Gföhl errichten. 30 Meter hoch. Das "größte“ Friedensdenkmal Europas? Man sollte die Kirche eigentlich im Dorf lassen: Jeder anständige Kirchturm auch im Waldviertel ist höher.

Nun haben zwei Drittel jener Gföhlerinnen und Gföhler, die zur Urne geschritten sind, das Projekt zu Fall gebracht. Auch im Waldviertel sind architektonische Unsäglichkeiten wie Geschäfts- und Betriebszentren an den Peripherien der Orte weit verbreitet - ein Ärgernis für Landschaft und die Augen des Betrachters. Doch offenbar sind die lokalen Reserven vor etwas Fremdem und dessen religiöser Symbolik stärker als jeder Widerstand gegen die alltägliche Verhüttelung und Verschandelung.

Man muss die Vorgänge wohl auch als kommunikationstechnisches Desaster der Betreiber und der Gemeindeleitung, die sich für den Bau stark gemacht hat, qualifizieren. Eine behutsamere Begleitung und Vorbereitung wäre da wohl hilfreich gewesen. Aber sogar die unverhohlene Unterstützung der Kronen Zeitung hat ja nicht "geholfen“ …

Ein unappetitliches Kulturkampferl

Hingegen griff die Agitation aus dem Dunstkreis der Pius-Bruderschaft, die im Nachbarort Jaidhof ihr Österreich-Zentrum betreibt, oder den Nachfahren des einstigen Pornojägers Martin Humer mit abstrusen Flugblättern, welche den Buddhismus als eine potenziell kinderschändende Religion mit einem Naheverhältnis zur NS-Ideologie brandmarkten. Die Argumente aus diesen Ecken sind altbekannt: In den Diskussionen um Minarette oder auch gegen die angeblich zu liberale Glaubenspraxis im nachkonziliaren Katholizismus wird auf ähnlichem Niveau argumentiert.

Das ist das Betrübliche an den Ereignissen und weist über die Begrenzung eines regionalen Konfliktes hinaus: Wenn man eine Auseinandersetzung zu einem Kulturkampferl ums Abendland machen kann, dann wird gepunktet. Dabei vergessen die Kulturkämpfer, dass ihre Sache schon längst verloren ist. Ob im Waldviertel nun ein Stupa steht oder nicht: Die traditionelle Religiosität wird weiter erodieren. Und wenn deren Türme noch so hoch in den Himmel ragen: Die Kirchen werden dadurch nicht voller.

Kulturell und wirtschaftlich muss eine Region wie die angeführte trachten, (Lebens-)Perspektiven zu entwickeln und anzubieten. Das ist der eigentliche Kulturkampf, um den es geht. Diesen zu führen, ist - trotz vieler Versuche und Initiativen - schwer genug.

Genau in diese Auseinandersetzung haben sich auch Christinnen und Christen einzubringen. Es geht also keineswegs darum, das christliche Abendland zu "retten“. Sondern der Glaube der Christen (eine Religion, die bekanntlich aus dem Morgenland stammt) soll sie befähigen, Zeugnisse über die Unwirtlichkeiten der Existenz hinaus zu geben. Sie behaupten, eine "frohe Botschaft“ mit im Gepäck zu führen und "in der Hoffnung“ zu leben, wie Paulus, der erste christliche Theologe, wiederholt formulierte.

Einen gemeinsamen Weg versuchen

Um nicht weniger geht es. Im Bemühen um eine Perspektive für die Menschen sollten sich Christen aber keineswegs zu gut sein, mit anderen Religiösen ein Stück des Wegs gemeinsam zu gehen zu versuchen. Dann ist weder ein Stupa noch ein Minarett noch ein anderes Zeichen von Religion im öffentlichen Raum eine Bedrohung.

Den Katholiken haben die Konzilsväter des II. Vatikanums das längst mitgegeben: Die Kirche lehne nichts von alledem ab, was in den großen Religionen "wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet.“ So steht es in der Konzilserklärung über die nichtchristlichen Religionen. Gerade in der gegenständlichen Diskussion ist daran einmal mehr zu erinnern.

* otto.friedrich@furche.at

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