Abschied von Anton Srholec

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Es kommt nicht oft vor, dass ein Staatsoberhaupt zur Verabschiedung eines Priesters kommt, der nicht einmal ein Pfarramt bekleidet hat. Am Dienstag, dem 12. Jänner erwies der slowakische Präsident Andrej Kiska die letzte Ehre dem Salesianer, Dissidenten zur Zeit des Kommunismus und Sozialarbeiter Anton Srholec, der am Donnerstag, dem 7. Jänner im 86. Lebensjahr verstorben war.

In seiner Trauerrede erinnerte Kiska an seinen letzten gemeinsamen Auftritt mit Don Antonio am 17. November des Vorjahrs an der Marchmündung beim "Tor der Freiheit", das Srholec als Präsident der Konföderation der politisch Verfolgten hatte errichten lassen. Über die March hatte der als Siebzehnjähriger in den Salesianerorden Eingetretene 1951 einen Fluchtversuch nach Österreich unternommen, der aber scheiterte.

Dissident unter dem KP-Regime

Es folgten zehn Jahre Schwerstarbeit in den Uranminen von Jáchymov und danach als Arbeiter im tschechischen Ostrau. Im Gefolge des "Prager Frühlings" von 1968 durfte der Salesianer nach Italien ausreisen, kehrte aber 1970 nach der Priesterweihe durch Papst Paul VI. in seine Heimat zurück.

Formal als Mesner und Aushilfspriester angestellt machte Anton Srholec durch seine mitreißenden Predigten die Pressburger Blumentalkirche zu einer Oase in der "Normalisierung" der Siebzigerjahre. Als Pfarrprovisor in drei Landpfarren versetzt verlor er endgültig die staatliche Genehmigung zur Ausübung des Priesteramts, als er 1985 in Velehrad bei den Elfhundertjahrfeiern der Ankunft der Slawenapostel Kyrill und Method im Großmährischen Reich das Jugendprogramm gestaltete.

Die Wende von 1989 hätte den vielsprachigen, hochgebildeten und politisch visionären Geistlichen für höhere Weihen empfohlen, doch Erzbischof Ján Sokol verwehrte dem gerade Sechzigjährigen jedes kirchliche Amt. Der Jungpensionist freilich gründete das Obdachlosenhilfswerk "Resoty", das er fast bis an sein Lebensende leiten sollte, und meldete sich zu Wort, wann immer er es für erforderlich hielt, zuletzt etwa in der Flüchtlingskrise.

Wie eine Seligsprechung ...

In der Blumentalkirche im offenen Sarg aufgebahrt, auch im Tode lächelnd und den Rosenkranz in den Händen haltend, führte der Kardinal-König-Preisträger viele Persönlichkeiten zusammen, die seinen Lebensweg gekreuzt hatten. Neben Präsident Kiska ergriffen das Wort der Prediger der Brüderkirche Daniel Pastircák, der Rektor der Sankt-Elisabeth-Privatuniversität, Vladimír Krcméry, und Franti sek Miklo sko, so wie Anton Srholec ein entschiedener Anhänger des 2012 abgesetzten Erzbischofs von Trnava, Róbert Bezák.

Während letzterer inmitten der dichtgedrängten Menschenmenge die Kommunion empfing, konzelebrierte mit dem Salesianerprovinzial Jozef I zold immerhin der Pressburger Weihbischof Jozef Hal'ko und übertrug den Gottesdienst live im kirchlichen Radio "Lumen" - zarte Anzeichen der späten Anerkennung eines Mannes, dessen Verabschiedung schon einer Seligsprechung glich.

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