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Achtung vor dem Gewissen

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Nach Abschluß der außerordentlichen Vollversammlung der deutschen Bischofskonferenz am 29. und 30. August in Königstein, Taunus, die sich mit der Diskussion um die Enzyklika „Humanae vitae“ befaßte, wurde folgende Verlautbarung der Presse übergeben:

„Das ungewöhnlich lebhafte und zugleich zwiespältige Echo auf die Enzyklika Papst Pauls VI. ,Humanae vitae' veranlaßt uns deutsche Bischöfe zu einem klärenden und wegweisenden Wort. Wir sprechen es im Wissen um die Hoffnungen, Fragen und Nöte der Ehe in unserer Zeit.

Entgegen einer böswilligen und gelegentlich peinlichen Kritik weisen wir darauf hin, daß die Enzyklika im Einklang mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einer verantwortungsbewußten neueren Erkenntnissen aufgeschlossenen Betonung der Würde der menschlichen Person und dies Sinngehaltes der ehelichen Liebe getragen ist. Die Enzyklika spricht sehr ernste Sorgen der Menschheit an: die Frage nach dem Recht und den Grenzen der Manipulation des menschlichen Lebens, die Probleme der Bevölkerungsbewegung in den Entwicklungsländern und staatlicher Eingriffe in den ehelichen Intimbereich, die Gefährdung des allgemeinen sittlichen Empfindens. Schließlich darf nicht übersehen werden, daß von der Enzyklika die Aufgabe einer verantwortlichen Elternschaft bejaht wird.

Die Schwierigkeit, die auch im Kreise der kirchlich gesinnten Katholiken zu kritischen Äußerungen führte, liegt in der von der

der Geburtenregelung dieser Fall gegeben ist. Wie immer, so fordert auch hier die Gewissensbildung die Überwindung subjektiver Willkür und die persönliche Bereitschaft zur kritischen Selbstprüfung. Anderseits muß die ernsthaft verantwortete Gewissensentscheidung von allen geachtet werden.

Für die unmittelbar anstehende Frage besagen die eben genannten Grundsätze: Alle sind verpflichtet, die Aussagen der Enzyklika mit innerer Annahmebereitschaft ernsthaft zu bedenken.

Alle, die von der Kirche mit der Glaubensverkündung beauftragt sind, tragen eine besondere Verantwortung, dAe Lehre des päpstlichen Rundschreibens gewissenhaft zu erklären.

Die Seelsorger werden in ihrem Dienst, insbesondere in der Verwaltung der heiligen Sakramente, die verantwortungsbewußten Gewissensentscheidungen der Gläubigen achten.

Die klärende Aussprache über bedeutsame Fragen der Ehemoral und um die Auslegung einiger Aussagen der Enzyklika muß weiter geführt werden. Wir laden alle katholischen Christen ein, sich entsprechend ihrer Stellung im Volke Gottes, ihrem Sachverstand und ihrer Kompetenz daran zu beteiligen

Im Sinne der Kollegialität werden wir Bischöfe das Gespräch mit dem Heiligen Vater und mit dem Episkopat anderer Länder pflegen. Wir haben auch ein .Wort der deutschen Bischöfe zur seelsorglichen Lage nach dem Erscheinen der Enzyklika Humanae vitae ' verabschiedet.“

Enzyklika getroffenen Bewertung der Methoden der Geburtenregelung. Im Zusammenhang mit weltweiten theologischen Diskussionen sind viele katholische Christen, Laien und Priester, zu einer Überzeugung gekommen, die sie durch die Enzyklika nicht bestätigt sehen. Sie fragen sich nach der Tragweite der Enzyklika für ihre persönliche Haltung.

Die Lehre der Enzyklika über die Methoden der Geburtenregelung ist eine authentische, das heißt mit Amtsautorität vorgetragene, aber nicht unfehlbare Entscheidung. Sie fordert grundsätzlich die bereitwil- lie Annahme durch die katholischen Christen. Viele vollziehen diese Annahme. Sie dürfen bei ihrem Streben, ihr Ehe- und Familienleben nach der Weisung der Enzyklika zu gestalten, auf Gottes helfende Gnade vertrauen. Auch nichtkatholische Christen in Ost und West haben dem Papst aus Überzeugung zugestimmt.

Im vergangenen Jahr haben wir in dem .Schreiben der deutschen Bischöfe an alle, die von der Kirche mit der Glaubensverkündigung beauftragt sind', auf die Notwendigkeit und den Verpflichtungsgrad von Aussagen des kirchlichen Lehramtes zu Fragen des christlichen Lebens hingewiesen. Dabei haben wir auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß ein katholischer Christ aus ernstzunehmenden Gründen glaubt, von einer nicht mit Unfehlbarkeit verkündeten Entscheidung des kirchlichen Amtes abweichen zu sollen. Offensichtlich sind viele gewissenhafte Katholiken, Priester und Laien, davon überzeugt, daß für sie in der Frage der Methoden

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