Alice Schwarzer oder die Kritikerin mit dem Hammer

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Eine Meisterin der leisen Zwischentöne war Alice Schwarzer nie, und im Kampf gegen die jahrhundertealte Benachteiligung und Unterdrückung von Frauen war diese brachiale Strategie vermutlich nicht ganz falsch. Auch angesichts des Vorrückens eines Islamismus, der die Menschenrechte und Bedürfnisse von Frauen mit Füßen tritt, sind klare Worte am Platz. Dass hier von westlichen Regierungen und Feministinnen zu oft weggeschaut wurde (Schwarzer spricht hier von "falscher Toleranz") ist unbestritten. Klare Worte der Kritik sind freilich umso hilfreicher, je treffsicherer die Begriffe sind, derer man sich dabei bedient. Und das war und ist das große Problem von Alice Schwarzer -auch in ihrem Sammelband "Der Schock". In ihrem Einführungstext "Silvester 2015, Tahrir-Platz in Köln" spricht sie etwa davon, dass die Täter vom Hauptbahnhof "fanatisierte Anhänger des Scharia-Islam" seien. Auch die Wortwahl des linksliberalen französischen Magazins Marianne, das von einem "sexuellen Pogrom" gesprochen hat, verbreitet sie weiter. Differenzierter ist der algerische Schriftsteller Kamel Daoud: Dass er von arabischen Intellektuellen des "Verrats" bezichtigt wurde, weil er sagte, dass "die pathologische Beziehung zur Frau, die gewisse Länder der arabischen Welt haben, in Europa einbricht", muss bedenklich stimmen. Dass Falter-Chef Florian Klenk in seinem Text Österreich lobt, weil es "fast keine Salafisten" gibt, ist vielleicht allzu geschönt. Aber auch er betont, dass es massive Sozialarbeit braucht. Ein differenzierter Schluss eines doch recht holzhammerhaften Buches.

Der Schock -Die Silvesternacht von Köln Von Alice Schwarzer. Mit Beiträgen von Kamel Daoud, Necla Kelek, Bassam Tibi u.a. Kiepenheuer &Witsch 2016,139 S., kart., € 8,30

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