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Am Kernproblem vorbeigeschrieben

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Der Titel verspricht ein „heißes" Thema: „Die Angst der Kirche vor den Frauen". Eva Rossmann setzt offenbar voraus, daß es diese Angst gibt, und daß sie ein zugkräftiges Thema für ein Buch abgibt. Eines stimmt: Man kann dem Buch einen gewissen Erfolg voraussagen. Aber es bleibt den Nachweis schuldig, daß es seinen Titel zu recht trägt.

Rossmann sieht die „Angst der-Kirche vor den Frauen" dadurch erwiesen, daß „zwei Gruppen von Menschen vom Priesteramt und damit von der Machthierarchie ausgeschlossen sind: erstens Frauen und zweitens Männer, die mit Frauen zu tun haben" (Zitat aus einem der Interviews). Deckt diese griffige Formulierung Angst der Kirche vor Frauen auf? Ich meine: Nein.

Daß in der römisch-katholischen Kirche (derzeit?) nur Männer zu Priestern geweiht werden können, hat ganz andere Gründe, wie Papst Johannes Paul II. in seinem Schreiben über die Priesterweihe erläutert. Manche sind der Ansicht, daß diese Begründung theologische Mängel aufweist. Mit Angst vor Frauen hat das jedenfalls nichts zu tun.

Auch die derzeitige Begelung des Pflichtzölibats für Priester der römisch-katholischen Kirche läßt sich kaum mit Angst vor den Frauen begründen. Viel einleuchtender scheint mir der Grund, daß ein Priester sich dazu i entscheidet, die Kirche (die Menschen, aus denen sie besteht) als seine Braut zu lieben, wie Jesus es tat - ohne Unterschied.

Zu den „Männern, die mit Frauen zu tun haben": Viele Priester haben viel „mit Frauen zu tun", wenn auch nicht in Form einer Ehe („eheähnlichen" Beziehung). „Mit Frauen zu tun haben" kann man auch in Freundschaft, im Team. Dies auf die Ehe zu beschränken, reduziert die Frau auf bestimmte Aspekte ihres Frau-Seins. Was wäre denn dann von Frauen-Freundschaften zu halten? Oder von Mutter-Tochter-Beziehungen?

Schon gar scheint es mir eine unzulässige Verallgemeinerung zu sein, von „der" Angst „der" Kirche zu sprechen. Sicher: Es gibt Männer, auch Priester, die zu Frauen keine spannungsfreien Beziehungen haben. Ebenso wie es auch Frauen gibt, die Männern gegenüber gewisse Vorbehalte/Ängste haben. Beziehun -gen zwischen Menschen (auch desselben Geschlechts) sind oft weder störungsfrei noch einfach. Ja, Frauen und Männer haben oft Angst voreinander: davor, daß sie schlecht behandelt, übervorteilt, unterdrückt, ausgebeutet werden. Und nochmals ja: In unserer Gesellschaft sind es öfter Frauen als Männer, die übervorteilt oder ausgebeutet werden.

Aber: Gerade in der Kirche hat (und hatte) die Frau eine Freiheit, die sie in der Gesellschaft nicht immer genießt. Frauen sind in der römisch-katholischen Kirche'- keine Priester und sie können keine Priester heiraten. Aber Maria wurde von Gott auserwählt, an seinem Plan zur Bettung der Menschheit aktiven Anteil zu haben - kein Mann. Sie ist die „Mutter der Kirche", Königin des Himmels. In der Bibel begegnen uns viele „starke" Frauen - und genug „schwache" Männer. Die Stärke kommt nicht von den Menschen, sondern von Gott. Die Kirche verehrt Kirchenlehrerinnen, Ordensgründerinnen, heilige Frauen. In der Kirche wurde der Frau so gut wie immer mehr Bespekt entgegengebracht als in der Gesellschaft, in der sie lebte. Nicht nur der „anständigen" Frau, sondern genauso der Sünderin, die sich bekehrt.

Das Kernproblem, an dem Eva Bossmann vorbeigeht, ist ein ganz anderes: Es geht in der Kirche nicht um Fragen der Macht oder der „Emanzipation", auch wenn Männer wie Frauen das manchmal mißyerste-hen. Jesus Christus ist der „Knecht Jahwes", der Demütige, der sich ganz dem Willen Gottes unterwirft, um die Menschen zu retten. Es geht immer nur um den Dienst am anderen. Priester haben keine „Macht", ebensowenig Bischöfe oder der Papst: Gott ruft sie in seinen Dienst. Gott ruft auch Frauen, er ruft sein ganzes „priesterliches Volk".

Gott ruft Menschen in seine Kirche: Eine Kirche der Sünder. Daß in dieser Kirche manche Angst haben oder angst machen, daß es Verwun düngen gibt, Fehler, Irrtümer, Streit: Das war immer so und wird auch so bleiben, bis das Beich Gottes vollendet ist. Aber die Kirche hat einen Auftrag: Den Menschen die frohe Botschaft zu bringen, daß Jesus den Tod besiegt hat, daß Gott alle Menschen liebt, alle zum ewigen Leben führen will. Diese Botschaft zu verkündigen, ist Sache der Männer wie der Frauen. Ob jene, die verkündigen, ein „Amt" haben oder nicht, ist völlig unerheblich.

Ohne es vielleicht beabsichtigt zu haben, gibt Eva Bossmann in ihrem Buch vielen Frauen Gelegenheit, davon zu sprechen, daß sie sich wohl fühlen in der Kirche, daß sie zufrieden sind mit der Sendung, mit den Aufgaben, die sie haben. Daß sie sich um die wichtigen Dinge kümmern können: Um die Verkündigung. Jede auf ihre Weise, in der Familie, in der Pfarre, in der Schule, am Arbeitsplatz (wie die Männer auch). Dafür sei der Autorin Dank ausgesprochen.

Die Autorin ist

Chefredakteurin der Wiener. Kin henzeüung.

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