Anfangs Lehrerin wider Willen

19451960198020002020

Nach Startschwierigkeiten ist Sophie Kleinberger im Lehrberuf glücklich.

19451960198020002020

Nach Startschwierigkeiten ist Sophie Kleinberger im Lehrberuf glücklich.

Werbung
Werbung
Werbung

Seit vergangenem September unterrichte ich in einer dreijährigen Fachschule für Sozialberufe in Stockerau -momentan nur das Fach Englisch, nächstes Semester kommt dann mein zweites Unterrichtsfach Geschichte dazu. Davor war meine Laufbahn ziemlich kompliziert: Nach der Matura habe ich überhaupt nicht gewusst, was ich machen soll. Dieser Entscheidungsdruck kommt viel zu früh und ist zu groß. Man darf ihm nicht nachgeben, dann findet man schon seinen eigenen Weg. Und man muss herausfinden: Wo liegt meine Leidenschaft? Für mich ging es erst einmal in die USA, für ein Praktikum in einem Reisebüro in San Francisco. Meine Leidenschaft war Englisch und das hat sich durch die Zeit in Kalifornien verstärkt. Also habe ich begonnen, Englisch zu studieren und habe als zweites Fach Geschichte dazu genommen. In den Lehrberuf wollte ich eigentlich gar nicht. Ich war eine sehr unsichere 20-Jährige und konnte mir auch nicht vorstellen, vor einer großen Gruppe zu sprechen. Von rundherum hab ich gehört: "Mach halt Lehramt dazu!" Und weil mir wichtig war und ist, eine sichere Anstellung zu haben, bin ich tatsächlich umgestiegen auf ein Lehramtsstudium.

Durch eine "harte Schule" gegangen

Das Unterrichtspraktikum in Bruck an der Mur habe ich irgendwie hinter mich gebracht, aber wohlgefühlt habe ich mich beim Unterrichten nie. Ein Leben lang in der Schule konnte ich mir nicht vorstellen. Nach diesem Jahr bin ich als Fremdsprachenassistentin nach England gegangen. Dort habe ich auch meinen Lebensgefährten kennengelernt und um zwei Jahre verlängert. Zurück in Österreich unterrichtete ich an einer AHS in Mödling. Dabei hat mir die Zeit in England sehr geholfen. Nicht nur wurde ich sattelfest in der Sprache, ich bin auch hineingewachsen in die Unterrichtssituation. Das gelang durch Beobachten, denn in England hatte ich weniger Verantwortung. Außerdem war ich mit der Muttersprache Deutsch die Expertin dort. Und dann gab es noch eine Art "Aversionstherapie": Zum Dazuverdienen habe ich als Springerin gejobbt, als Supplier-Lehrerin sozusagen, was für mich ein gutes Training war: Man erfährt in der Früh, in welche Schule man kommen soll und springt so täglich ins kalte Wasser. Das hatte den großen Vorteil, dass ich Neues ausprobieren konnte, ohne schon in eine Schublade gesteckt worden zu sein. Der Lernstoff für den jeweiligen Unterrichtstag war immer schon vorgegeben. Das ist in England anders organisiert als bei uns.

Auch wenn ich mich anfangs vor größeren Gruppen überhaupt nicht wohl fühlte, kann ich mittlerweile behaupten, im Lehrberuf wirklich angekommen zu sein. In den letzen sechs Jahren habe ich nicht nur viel dazu gelernt, sondern auch schätzen gelernt, wie unterstützend ein positives Umfeld, also angenehme Kolleginnen und Kollegen, sein kann. Rückblickend wäre es besser gewesen, schon während des Studiums in England gewesen zu sein. Dann wäre ich im Unterrichtspraktikum und auch danach sicherer gewesen. Um eine Sprache zu unterrichten, sollte man schon im jeweiligen Land gelebt haben. Englisch war immer schon meine Leidenschaft und die Begeisterung für das Unterrichten hat sich erst durch den Beruf entwickelt. Da musste ich langsam reinwachsen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung