Angefeindeter friedensstifter

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Und wieder scheint Franziskus eine Vorlage für seine konservativen Kritiker zu liefern: Er habe im Alter von 42 Jahren die Hilfe einer Psychoanalytikerin in Anspruch genommen, "um Licht in bestimmte Sachen zu bringen", heißt es im vom französischen Figaro Magazin vorab veröffentlichten Auszügen aus einem Interviewbuch mit dem Papst, das am 6. September erschienen ist.

"Papst Franziskus genügte Gott nicht. Er ging zur Psychoanalyse." So wird in den einschlägig konservativen Webseiten der Leiter der Nachrichtenredaktion eines Berlusconi-TV-Senders zitiert, der die Unterstellungen gegen den Papst markant auf den Punkt bringt. Natürlich schwingen bei den Kritikern auch latente Ressentiments gegen die Psychotherapie eines Geistlichen durch eine Frau und Jüdin durch, und dass man sich als wahrer Katholik erst recht nicht in den Dunstkreis des jüdischen Religionsfeindes Sigmund Freud begeben dürfe

In Wirklichkeit ist das "Geständnis" des Bergoglio-Papstes natürlich vor allem ein weiterer Aufweis dafür, wie sehr er sich zu zeigen müht, dass auch ein Kirchenführer wie er ein "normaler" Zeitgenosse ist, der sich des menschlichen Wissens auch bei Fragen rund um die psychische Gesundheit bedient (hat). Klerikaler Hermetismus ist diesem Pontifex fremd, auch wenn ihn seine konservativen Glaubensgenossen lieber heute als morgen dorthin zwingen würden.

Furor gibt es im Netz auch um andere Aktivitäten des Papstes: Dass er dieser Tage nach Kolumbien reist, um den Friedens- und Versöhnungsprozess im Land zu stärken, kreiden ihm die Konservativen, die ihn sowieso permanent zum "Freimaurer" erklären, als linksextreme Aktivität an. Man liest da von einem kolumbianischen Priester, der meint, "viele Gebetsgruppen" würden beten, dass er nicht kommt, weil er als Papst "mindestens 150 Häresien" verbreitet habe.

Dass Franziskus sich als Weltpolitiker im Sinn eines Friedensstifters versteht, ist ihm -solchen Anfeindungen zum Trotz -hoch anzurechnen. Seine nächste Reise wird ihn nach Myanmar und Bangladesch führen. Ein geistlicher Führer, der sich in die Menschheit einmischt. Gottseidank gibt es inmitten des aktuellen Atomkriegsgerassels einen solchen Papst!

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