Antijudaismus - © Foto: Imago/imagebroker

Antijudaismus: Katholische Verblendung

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Die Fürbitte für die Juden in der katholischen Karfreitagsliturgie war bis zum II. Vatikanum ein Ausbund an Antijudaismus, der weiter schwelt.

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Die Fürbitte für die Juden in der katholischen Karfreitagsliturgie war bis zum II. Vatikanum ein Ausbund an Antijudaismus, der weiter schwelt.

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Die Karfreitagsbitte für die Juden wurde in der lateinischen Liturgie der katholischen Kirche von 1570 bis 1956 in unveränderter Form gebetet und gilt als Ausdruck eines christlichen Antijudaismus. Im SchottMessbuch von 1894 liest man: Laßt uns auch beten für die treulosen Juden, daß Gott, unser Herr, wegnehme den Schleier von ihren Herzen, auf daß auch sie erkennen unsern Herrn Jesus Christus. Es folgt dann dieses Gebet: Allmächtiger, ewiger Gott, der du sogar die treulosen Juden von deiner Erbarmung nicht ausschließest, erhöre unser Flehen, das wir ob jenes Volkes Verblendung dir darbringen: auf daß es das Licht deiner Wahrheit, welche Christus ist, erkenne und seinen Finsternissen entrissen werde. Durch Christus unsern Herrn. Amen.

Das Zweite Vatikanum erneuerte die Liturgie, dies galt auch für die Karfreitagsbitte. Im Jahr 1984 wurde von Papst Johannes Paul II. die alte, lateinische Karfreitagsbitte (mit minimalen Änderungen) wieder zum liturgischen Gebrauch nach tridentinischem Ritus zugelassen. Papst Benedikt XVI. erweiterte im Jahr 2007 den Kreis derer, die nach diesem Ritus feiern dürfen. In einem Begleitschreiben hielt er fest: Es gibt keinen Widerspruch zwischen der einen und der anderen Ausgabe des Missale Romanum. In der Liturgiegeschichte gibt es Wachstum und Fortschritt, aber keinen Bruch. Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein.

Hier möchte man die Frage aufwerfen, ob damit das päpstliche Schreiben Divino afflante spiritu aus dem Jahr 1943 stillschweigend aufgehoben wurde? Mit diesem Schreiben wurde die griechische Überlieferung des Neuen Testaments auch in der katholischen Kirche zum Maßstab der Übersetzungen. Heute mehren sich die Indizien, dass die lateinische Übersetzung weit stärker vom griechischen Ausgangstext des Neuen Testaments abweicht, als dies von Seiten der Theologie wahrgenommen wurde. Die lateinische Übersetzung liegt den Anspielungen zugrunde, die im Text der Karfreitagsfürbitte aus dem Jahr 1570 begegnen. Die „Verblendung“ spielt auf ein Jesaja-Zitat (Jes 6,10) an, das in der Version, wie es im Johannesevangelium zitiert wird (Joh 12,40), wirkmächtig geworden ist. Die „Decke auf den Herzen“ bezieht sich auf den Zweiten Korintherbrief (2 Kor 3,13). An beiden Stellen prägt die lateinische Überlieferung und nicht der griechische Ursprungstext auch bis heute die modernen Übersetzungen des Neuen Testaments.

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