Architekt der Symbole

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Diese Woche hat Daniel Libeskind tatsächlich Grund zu feiern: Er wird am Freitag 60 Jahre alt. Als vor zwei Wochen andere Architekten auf den Beginn der Bauarbeiten auf Ground Zero angestoßen haben, dürfte er dagegen kaum in Feststimmung gewesen sein. Schließlich hatte er den Wettbewerb um die Neugestaltung des Platzes gewonnen, auf dem das World Trade Center vor den Anschlägen am 11. September 2001 gestanden hatten. Zu sagen hat er dort aber inzwischen nicht mehr viel. Sein Plan für den zentralen "Freedom Tower" wurde stark verändert. Geblieben ist immerhin die Symbolkraft: Der Wolkenkratzer wird 1776 Fuß (541 Meter) hoch sein und damit des Jahres der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung gedenken; und seine Spitze soll an den gestreckten Fackelarm der Freiheitsstatue erinnern.

Nur noch vor Gericht

Sonst hat sich auf Ground Zero im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen aber vieles verändert, immer mehr Architekten wurden vom Bauherrn Larry Silverstein engagiert. Den trifft Libeskind daher überhaupt nur noch vor Gericht.

Andere prestigeträchtige Gebäude haben mehr von der architektonischen Handschrift des Dekonstruktivisten behalten. 2001 wurde sein Jüdisches Museum in Berlin eröffnet, drei Jahre später das in Kopenhagen. Auch für das 9/11-Memorial im italienischen Padua zeichnet er verantwortlich. Für seine Werke bekam er zahlreiche Auszeichnungen, etwa den Deutschen Architekturpreis für das Jüdische Museum Berlin, den American Academy of Arts and Letters Award for Architecture und den Hiroshima Art Prize, der jene Künstler ehren soll, deren Arbeit dem Frieden dient. Er lehrte unter anderem an der Yale University, der eth Zürich und an den Hochschulen von Toronto und Karlsruhe und wird häufig in einem Atemzug mit Architekten wie Frank Gehry und Zaha Hadid genannt.

Dabei ist die Architektur nur seine zweite Leidenschaft. Die erste war die Musik. Seinen Eltern emigrierten aus dem polnischen Lodz , in dem er 1946 zur Welt gekommen war, nach Israel. Dort fiel Daniel bald als musikalisches Kindertalent auf. Er studierte dann auch Musik in Israel und später in den USA, wohin seine Familie inzwischen übersiedelt war. Nachdem er einige Zeit als professioneller Musiker gearbeitet hatte, wechselte er schließlich zur Architektur. Treu geblieben ist er der Musik trotzdem: An der Deutschen Oper Berlin inszenierte er vor vier Jahren "Saint François d'Assise"

Bedeutend oder beliebig

Libeskind sieht sich nicht einfach nur als Gebäudeplaner, er will mit seinen Bauwerken Botschaften vermitteln. Dieses Verständnis der Architektur hat ihm viel Lob, aber auch Kritik eingebracht. Er überfrachte seine Gebäude mit Symbolik, die ohne Hilfe kaum verständlich sei, heißt es. Und so sind etwa im Jüdischen Museum Berlin Museumsführer angestellt, die den Besuchern den Hintergrund der leeren und nicht begehbaren Räume, der verschiedenen einander kreuzenden Achsen und der 49 Betonstelen im "Garten des Exils" mit seinen Ölweiden erklären. Andere Kritiker meinen, Libeskind treibe es mit den Symbolen zu weit, verwerte sie auch in profanen Bauten und gebe sie damit der Beliebigkeit preis. claf

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