Argumente trotz Realität

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Mahlgemeinschaft? Zwei Bücher engagierter Katholiken demonstrieren prophetische Ungeduld.

Wenn am Ende der Zeiten alle (Christen) zur Hochzeit des Lammes geladen sind, wird es vermutlich keine konfessionellen Abteilungen mehr geben. Seit der Zeit des Neuen Testaments sind aber Zerstrittenheit und Spaltung im Christentum schmerzliche Realität, die die Verkündigung der Frohen Botschaft unglaubwürdig macht. Öl ins Feuer hat für viele Engagierte die vatikanische Erklärung "Dominus Iesus" (2000) über die Einzigartigkeit der christlichen Botschaft und der - katholischen - Kirche gegossen. Umgekehrt begreifen die meisten Schüler und Lehrer heute nicht mehr, was der Unterschied zwischen einem interreligiösen Gebetsgottesdienst und einer Mess- beziehungsweise Abendmahlfeier sein soll.

Auch übers Ziel hinaus

Peter Trummer, katholischer Neutestamentler in Graz, ist nicht nur ein ausgezeichneter Kenner der ganzen Bibel, der in seinem Lehren und Forschen immer neue Details in der Heiligen Schrift entdeckt, sondern auch ein leidenschaftlicher Verfechter einer allen Christen gemeinsamen Abendmahl- beziehungsweise Eucharistiefeier. Erfrischend und frei von dogmatischen Fixierungen zeigt er in seinem neuen Buch "Dass alle eins sind!" auf, wie offen das Neue Testament für unterschiedliche Interpretationen ist. In mehreren Gängen beschreibt Trummer die Kirchenbilder der Apostelgeschichte und der neutestamentlichen Briefliteratur und kommt dabei zu folgenden - von ihm und vielen modernen Christen gewünschten - Ergebnissen: Eucharistie als Dankfeier war in den ersten Generationen eine selbstverständliche, alltägliche Gewohnheit. Sie konnte von Ordinierten wie Nicht-Ordinierten, Männern wie Frauen, öffentlich und privat gefeiert werden. Auch die Akzentverschiebung vom "Opfer" zum "Mahl", wie sie durch das II. Vatikanum in die katholischen Kirche Einzug hielt, ist ebenfalls biblisch zu rechtfertigen.

Mit seinem Schwung schießt Trummer aber auch übers Ziel hinaus: Ist das Brotbrechen des Paulus während des Schiffbruchs (Apg 27) wirklich als Eucharistiefeier (mit 276 Teilnehmern unterschiedlicher Religionen) zu deuten? Kann man wissenschaftlich seriös aus dem ersten Vers des Philipperbriefes heraus lesen, dass es schon damals Bischöfinnen gegeben hat? Ist die freie Übersetzung von Joh 17,11, dass alle eins sind (wörtlich heißt es: seien) nicht zu viel an Optimismus, der die gegenwärtige Zerrissenheit überspielt?

Konzil aller Christen

In einer weiteren Neuerscheinung - "Evangelische Ämter: gültig - Eucharistiegemeinschaft: möglich" - stellt Anno Quadt, emeritierter Pfarrer und Religionsprofessor in Köln, subtile historische, dogmatische und kirchenrechtliche Überlegungen an. Im Vorwort geht er ausführlich auf "Dominus Iesus" ein, das während der Drucklegung seiner Schrift publiziert worden ist. Für den Autor ist dieses Dokument ein Schritt hinters II. Vatikanum Konzil ist, weil es die Einzigartigkeit der katholischen Kirche gegenüber den anderen Konfessionen so stark betone.

Quadts These zur Ämterfrage zwischen Katholiken und Protestanten lautet: Ein monarchisches Bischofsamt im heutigen Sinn hat es in den ersten christlichen Generationen nicht gegeben. Für die Gültigkeit der Ämter in der Kirche muss daher ein anderes Kriterium als die apostolische Sukzession aufgestellt werden. Visionär ist Quandts Idee, ein gesamtchristliches Konzil einzuberufen, um die Einheit des Bischofskollegiums zu diskutieren und zu entscheiden. Von dieser Position aus ist es für den Autor nur ein kleiner Schritt zur zweiten These, dass nämlich die Abendmahl-/Eucharistiefeier Voraussetzung und nicht Folge einer juridischen Einheit der christlichen Kirche ist: "Die Konzeption ,Erst volle Einheit, dann Eucharistiegemeinschaft' stellt dagegen die Dinge auf den Kopf!"

Trotz der Einwände tragen beide Bücher bei zur Diskussion jener Weiterentwicklung der Kirchen zu einer größeren Gemeinschaft, die weder Uniformität noch unverbindlichen Einheitsbrei verordnen darf.

"... DASS ALLE EINS SIND!" Neue Zugänge zu Eucharistie und Abendmahl.

Von Peter Trummer. Patmos-Verlag, Düsseldorf 2001. kt. 183 Seiten, öS 254,-/e 18,46

EVANGELISCHE ÄMTER: GÜLTIG - EUCHARISTIEGEMEINSCHAFT MÖGLICH

Von Anno Quadt, Grünewald-Verlag, Mainz 2001. kt., 163 Seiten, öS 218,-/e 15,84

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