Atheismus-Labyrinth - © Illustration: Rainer Messerklinger

Atheistische Seelsorge: Nicht um Himmels willen

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Neun religiöse Bekenntnisgemeinschaften sind zurzeit in Österreich anerkannt. Im kommenden Jahr will noch eine weitere hinzukommen – die der Atheisten. Doch woran glauben Atheisten tatsächlich? Und was steht hinter ihrer „Seelsorge“?

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Neun religiöse Bekenntnisgemeinschaften sind zurzeit in Österreich anerkannt. Im kommenden Jahr will noch eine weitere hinzukommen – die der Atheisten. Doch woran glauben Atheisten tatsächlich? Und was steht hinter ihrer „Seelsorge“?

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"Sie sind voll Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier und Bosheit, voll Neid, Mord, Streit, List und Tücke, sie verleumden und treiben üble Nachrede, sie hassen Gott, sind überheblich, hochmütig und prahlerisch, erfinderisch im Bösen und ungehorsam gegen die Eltern, sie sind unverständig und haltlos, ohne Liebe und Erbarmen (...)“, heißt es im Brief des Paulus an die Römer (Röm, 1,29–31) über die „Gottlosen“.

Diese Stelle im Neuen Testament soll hinterfragt und der Katechismus dahingehend überarbeitet werden, fordert Nikolaus Bösch-Weiss, Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft in Öster­reich (ARG). Seit zehn Jahren gehört der Landwirt der Vereinigung an. Er ist aber nicht der Einzige. Bereits über 340 Mitglieder zählt die ARG heute, die heute um gesellschaftliche wie kulturelle Anerkennung in Österreich ringt.

Zehnte Bekenntnisgemeinschaft?

Mehr als 300 Mitglieder sind notwendig, um als Bekenntnisgemeinschaft vom Kultusamt im Bundeskanzleramt anerkannt zu werden. Das Bekenntnisgemeinschaftengesetz setzt eine religiöse Lehre sowie eine gemeinschaftliche Religionspraxis voraus. „Ob diese Erfordernisse erfüllt sind, wird im jeweiligen Fall auf Grundlage des Gesetzes und unter Berücksichtigung von Lehre und Judikatur geprüft“, erklärt Florian Welzig, der Leiter des Kultusamts. Die vorgelegten Statuten werden hier von ihm mittels eines verwaltungsrechtlichen Ermittlungsverfahrens geprüft. Neun religiöse Bekenntnisgemeinschaften gibt es derzeit. Welzig: „Sollte die Praxis der Religionsübung nicht eindeutig dargelegt werden, kann es zu ergänzenden Fragen kommen.“ Die Anerkennung als gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft setzt aktuell über 18.000 eingetragene Mitglieder voraus. Diese Zahl entspricht den vom Anerkennungsgesetz aktuell geforderten zwei Promille der österreichischen Bevölkerung.

In der von Europäischem Rat und dem Europäischen Parlament in Kraft gesetzten EU-Richtlinie vom 13. Dezember 2011 wird unter anderem auch der Religionsbegriff präzisiert: „Der Begriff Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubens­überzeugungen, die Teilnahme bzw. Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich (…).“

„Überzeugte Atheisten, die Gott ausschließen, muss man in Österreich heute mit der Lupe suchen“, meint Regina Polak, Vorständin des Instituts für Praktische Theologie der Universität Wien. Der Glaube an etwas Höheres sei in der Gesellschaft nach wie vor vorhanden. Sie beobachtet aber einen zunehmenden Zweifel an Gott besonders unter jungen Menschen, in deren Leben Gott keine Rolle mehr spielt.

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