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Aufklrung zum Dialog

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FRAGE: Es wäre sehr bedauerlich, wenn es zu einer solchen Entwicklung käme, daß die Bischöfe meinen, ihre Ausführungen würden als Monologe abgetan. Dadurch könnte das Mißverstehen zwischen Presse und Bischof nur noch vergrößert werden. Ein solches Mißverständnis scheint vorzuliegen, wenn Sie in Ihrem Hirtenbrief schreiben, daß man „da und dort die Kirche und das Lehramt unter Druck setzen wolle, genauso wie in der Politik die Männer des Staates durch die Presse beeinflußt werden sollen“. Ist das nicht gerade die Aufgabe der Presse, die Männer des Staates zu beeinflussen, ist das nicht ihre Pflicht als Träger der öffentlichen Meinung? Sie schreiben, daß der Bischof kritische Stimmen aus der katholischen Presse erfährt. Ist es nicht Pflicht der katholischen Presse, auch kritische Stimmen zu bringen? Von wo soll denn der Bischof Meldungen und Meinungen, auch kritische, erfahren, wenn nicht aus der katholischen Presse? Soll die katholische Presse nicht auch zur katholischen Meinungsbildung beitragen?

ANTWORT: Auch hierin muß ich ernste Vorbehalte anmelden. Es ist nicht wahr, wie ich glaube, daß es Aufgabe der Presse ist, die Männer des Staates zu beeinflussen und sie zum politischen Handeln zu bestimmen. Das mag nicht selten zutreffen. Aber zunächst muß wohl ein Politiker auf das Allgemeinwohl, auf Recht und Wahrheit und wohl auch auf bestehende staatliche Gesetze hören und nicht auf die Meinung der Öffentlichkeit, die sehr oft die Meinung der Straße wird. Noch mehr gilt das beim Lehramt der Kirche, das nun einmal ein Bischof ausüben muß; er darf sich nicht von Gunst und Mißgunst, sondern muß sich von den höchsten Motiven leiten lassen, die Christus allen Aposteln und ihren Nachfolgern, aber auch den Laienaposteln und Journalisten klar und deutlich mitgegeben hat. Die katholische Presse soll sehr wohl zur Meinungsbildung beitragen. Aber sie darf nicht niederreißen und zerstören, wie es in letzter Zeit, geradezu wie durch eine Lawine, geschehen ist. Wir müssen mit Ungläubigen und Zweiflern sprechen und mit ihnen allen Dialog führen, ohne die Wahrheit und die christlichen Grundsätze preiszugeben. Wir dürfen Ansichten, Hypothesen und Meinungen nicht als sichere Ergebnisse hinstellen und schon gar nicht in Zweifel ziehen, was nach dem Lehramt der Kirche sichere Wahrheit ist.

FRAGE: Es gibt aber keinen anderen Weg als den des aufklärenden Dialogs. Niemand kann die Presse, ich spreche hier nicht von der katholischen, daran hindern, alles aufzugreifen, wovon sie meint, daß es für ihre Leser interessant sei: Sie kann dies möglicherweise auch in einer vollkommen falschen Form tun. Der Schaden, der dadurch sicherlich im katholischen Volk entsteht, wird um so größer sein, je weniger dieses katholische Volk auf die Erörterung solcher Fragen vorbereitet ist, je weniger es überhaupt an einen Dialog gewöhnt ist. Die Kirche, die Bischöfe haben heute kein Monopol mehr auf die Erörterung kirchlicher oder religiöser Fragen; sie können sich in ein solches Gespräch nur aufklärend und richtigstellend einschalten, vor allem über die katholische Presse und über die katholischen Journalisten. Eine Entfremdung zwischen Kirche und Presse wäre sicherlich auch zum Schaden der Kirche.

ANTWORT: Gewiß hat die Kirche kein allgemeines Monopol, allein zu sprechen. Sie wird, im Gegenteil, sehr glücklich sein, wenn sich der Begriff „Volk Gottes“ so auswirkt, daß wir Bischöfe nicht mehr allein mit unseren Priestern die Fahne der Kirche hoch zu halten und zu verteidigen haben. Wenn ich nicht wenige Organe auch christlicher Publizistik im Auge habe, überfällt mich aber eine große Sorge.

Sie werden verstehen, daß ich mich im Namen der Kirche dagegen wehren muß, wenn die pastoreile Arbeit schweren Schaden leidet. Das ist in unverantwortlicher Weise geschehen. Gerade zu meinem Hirtenwort und der vorausgegangenen Problematik um die Studentenwoche habe ich so viele Sympathiekundgebungen aus dem Klerus und aus der führenden Laienschaft erhalten wie noch nie. Ich habe keineswegs aus persönlicher Kränkung gesprochen. Mir war das Wort des Herrn Verpflichtung, das Hirten der Kirche als Mietlinge bezeichnet, die ihre Gemeinde nicht schützen und verteidigen.

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