Auf den ersten Blick ging es auf der römischen Bischofssynode um die katholische Lehre zu jenem prekärem Feld menschlicher Existenz, das innerkirchlich mit den Stichworten "Ehe und Familie“ umschrieben wird und lehramtlich eine sehr spezielle Mischung von Körper-, (Natur-)Rechts-, Moral- und Gesellschaftsdiskurs meint. Die katholische Kirche hat sich hier bekanntlich tief ins Abseits der Irrelevanz manövriert.
Dem nichtkatholischen Volk war es schon immer ziemlich egal, was die katholische Kirche zu Familie, Sex und verwandten Themen dachte. Seit einiger Zeit ist es auch dem katholischen Volk hierzulande egal, zumindest was die eigene Lebensführung betrifft.
Es ist ihm freilich nicht egal, was ihren Blick auf ihre Kirche betrifft, von der man schon gerne ein wenig Solidarität und Hilfe in den Höhen und Untiefen der postmodernen (Beziehungs-)Existenzen erfahren würde. Es ist eben nicht so, "als müssten alle diejenigen, denen die Kirche bisher kein sittliches Leben bescheinigt, um Anerkennung kämpfen. Tatsächlich ist es umgekehrt: Franziskus kämpft darum, dass das Volk die katholische Kirche anerkennt.“ (Christiane Florin/Christ und Welt)
Es geht also darum, ob sich die katholische Kirche endgültig herausnimmt aus dem Spiel des postmodernen (Beziehungs-)Lebens oder zurückkommt aufs Spielfeld - gerade mit dem, wofür sie sich zu Recht einsetzt: Liebe, Treue, Aufmerksamkeit, Unverfügbarkeit des anderen. Wie man hört, haben sich die Bischöfe erste Schilderung heutigen Ehe- und Familienlebens geben lassen. Das ist doch schon was. Es wird nicht reichen. Nötig wäre das glaubwürdige Versprechen tätiger Solidarität unter Menschen, die wissen, nie genug zu lieben. Notwendig wäre, Menschen nicht in ihren Schwächen zu verurteilen, sondern in ihrer Schwäche beizustehen - aus Einsicht in die eigene Schwachheit. Es geht um Wahrheit.
Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz
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