Aus das Handy, aus das Spiel!

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Keine Erfolgsstory, sondern ein Blick auf die Kehrseite dieser Medaille: Die 1953 geborene Schriftstellerin Susanne Röckel lädt zu einer Nachdenkpause ein.

Kann Erfolg haben, wer auf seiner Dienstreise das Handy abschaltet und es zusätzlich auch noch unter der Wäsche im Schrank versteckt? Wohl kaum und dem Leser schwant angesichts eines solchen Verhaltens gar nichts Gutes.

Die Situation wird nicht besser, wenn er Walter Staub zur Verhandlung mit Kopf begleitet und mit ansehen (lesen) muss, dass Staub einfach nicht bei der Sache ist, obwohl es doch um die Wurst geht, nämlich um notwendige 15 Prozent Einsparung. Ach, wie klingt das alles bekannt! Aber warum tut Staub einfach nichts?

Staub ist nicht systemkonform: er schaltet nicht nur sein Handy aus, sondern auch sich selbst, den bisher tüchtigen, erfolgreichen Mitarbeiter. Das Ergebnis liegt auf der Hand: Wie sagt es seine Ex so schön? "Die Sache ist vorbei. Kein Hahn kräht mehr nach dir! Du bist aus dem Spiel!"

So mancher Leser mag sich nun an eigene geheime Neigungen erinnern, das Handy einfach abzuschalten und nicht mehr zu funktionieren. Aber Staub beschäftigen andere Gedanken. Zum Beispiel das Wissen, dass sein Vater im Krankenhaus liegt, vielleicht im Sterben. Dass er dabei aber so gar keine Anstalten macht, seinen Vater zu besuchen, wirkt sehr befremdlich. Fürchtet er sich, etwas aus der Vergangenheit zu erfahren? Da bleibt er lieber in der fremden Stadt in diesem unwirtlichen Hotel, auch lange noch, nachdem aufgrund seiner inneren Abwesenheit ein Geschäft beinahe geplatzt und er aus dem Spiel und ohne Beruf ist. Er lässt sich nur telefonisch über den Zustand des Vaters informieren und führt dabei lange Gespräche mit dem Pfleger Klein, einer äußerst mysteriösen Figur.

Das aufmerksame, nachdenkliche Buch will aber vor allem im Mittelteil nicht so recht fesseln. Vielleicht wird der literarische Ort "Hotel" zu sehr strapaziert. Aber zum Nachdenken gibt die Story genug: diese vermeintliche Abwesenheit Staubs scheint einer neuen und wichtigen Anwesenheit Platz zu geben. Ist der Verlust des Berufs zugleich ein menschlicher Gewinn? Da kommt auf einmal Verdrängtes hoch, da hat wieder eine Liebesgeschichte Platz, da engagiert Staub sich zudem noch ehrenamtlich im Hotel. Das Quasi-Gefangensein mit anderen an das Hotel gebundenen Personen bietet paradoxerweise der Freiheit zu neuer Wahrnehmung Raum, lädt auch die Leser zu neuen Sichtweisen ein.

Bleibt die Frage, ob Nomen also Omen ist. Kann sich Exgattin Ines Berg ganz oben halten, hat Kollege Hermann Jung Erfolg, weil er nicht nur so heißt, sondern es auch ist, und wird Berthold Kopf auch in Zukunft der Überlegene sein? Was bedeutet dann aber Walters Nachname? Beißt Walter in den Staub oder hat er doch noch eine Chance?

Aus dem Spiel

Roman von Susanne Röckel

Luchterhand Literaturverlag, Köln 2002

349 Seiten, geb., e 23,20

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