Ausgesext oder: Gnade, säkular

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Nun ist es vorbei. Nicht wenige werden denken: Gott sei Dank. Am 14. Dezember lief die letzte Folge der Serie "Sex and the City". Anfangs kaum beachtet ist diese Produktion der anfangs unbekannten Fernsehanstalt HBO bald das geworden, was heute Erfolg verspricht, nämlich Kult. Das lag nicht nur an der Designermode und den schicken Locations. Die provokanten und freizügigen Geschichten rund um vier Singlefrauen in New York nahmen erstmals in Bezug auf Liebe und Sex die Perspektive von Frauen ein. Damit ist jetzt Schluss. Miranda hat gelernt, mit ihrem Zynismus zu leben, Samantha hat den Krebs besiegt und entdeckt, dass Sex und Lie-be zusammengehören, Charlotte leidet nicht mehr allzu sehr an ihrem unerfüllten Kinderwunsch und Carry, die Hauptperson, hat zu ihrer großen Liebe Mr. Big (zurück)gefunden.

Keine Frage, die Serie widerspricht christlichen Moralvorstellungen. Ich möchte aber nicht ins selbe Horn stoßen wie die fundamentalistischen Moralapostel in den USA, die dem Zeitgeist gemäß nach Serien mit entsprechendem Familienideal rufen. Ich möchte nur eine Szene herausgreifen, die mir bemerkenswert erschien. Am Tag der Hochzeit von Charlotte trifft Carry mit ihrem Freund Aden zusammen. Die Beziehung ist in der Krise und sie gesteht ihm ihre Untreue. Unter Tränen bittet sie um Vergebung, doch Aden ist zu sehr verletzt, er kann nicht vergeben. Die Trennung ist unvermeidlich. Carry geht zur Hochzeitsgesellschaft zurück. Aus dem Off ihre Gedanken: Es ist gut jemanden zu haben, der einen ohne jede Bedingung liebt. Gemeint sind die drei Freundinnen.

Eine solche bedingungslose Liebe nennt die theologische Sprache Gnade. Es ist schon seltsam, wie sich die Sehnsucht nach Rechtfertigung aus Gnade allein auch in ganz säkularen Kontexten niederschlägt.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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