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Gegen die herrschende, auch durch Gesetze verordnete Entsolidarisierung im Land ist die klare, wenn nötig: undiplomatische Parteinahme der katholischen Bischöfe zu fordern.

Nur die gelebte Religionsfreiheit und die zuerst im Vertrauen gereichte Hand werden auf Dauer überzeugen." Und: "Es gibt keine Alternative zu Gespräch und verstehender Nachbarschaft." Solche Worte finden sich in dem bemerkenswerten Dokument "ChristInnen und MuslimInnen", das die evangelisch-lutherische Synode Ende Oktober beschlossen hat. Österreichs evangelische Kirchenleitung hat sich der Mühe unterzogen, das Verhältnis zu den Muslimen und die Aufgaben für Christen dabei zu reflektieren: So benennt das Dokument klar, dass die wachsende Zahl von Muslimen in Österreich auch "eine religiöse Herausforderung" für die Christen ist. Die lutherische Synode stellt sich aber voll und ganz hinter den "biblischen Auftrag, die Fremden zu lieben", und dieser habe "nichts mit naiver Blauäugigkeit zu tun". Eindeutig auch eine weitere Positionierung: Die Forderung, dass islamische Länder "mit ChristInnen ebenso umgehen müssen", sei zwar berechtigt, könne jedoch "keine Bedingung für unser Verhalten als ChristInnen und EuropäerInnen sein". Beherzte Aussagen, angebracht nach den Diskussionen der letzten Wochen und ein Hinweis auf die unabdingbare Notwendigkeit, dass die Religiösen im Lande in ein konstruktives Gespräch eintreten müssen.

Klare Worte der evangelischen Kirchenleitung also, wie man sie von der katholischen nach wie vor vermisst. Doch haben nicht auch die katholischen Bischöfe Österreichs ein politisches Zeichen gesetzt, indem sie ihre Herbstkonferenz vor wenigen Tagen im Heiligen Land abgehalten haben? Ein Zeichen der Solidarität mit den dort in schwieriger Lage lebenden Christen sollte diese "Pilgerreise" sein. Man hofft, dass dieses Zeichen vor Ort wirksam war.

An Österreichs Katholiken schrieben die Bischöfe einen "Brief aus Galiläa", der letzte Woche veröffentlicht wurde. Interessanterweise findet sich in diesem Schreiben nur ein Satz über die Christen im Nahen Osten, sonst tippt der Brief die Kirchen- und Gesellschaftslage in Österreich an. Wenig konkret, ohne klare Sprache. Zu den gesellschaftspolitischen Diskussionen der letzten Monate - und zu denen hätten auch katholische Bischöfe viel zu sagen! - beredtes Schweigen. Man hätte sich vorstellen können, dass, wenn die Hirten des Landes von Nazareth bis Bethlehem reisen, eine Auseinandersetzung mit den Muslimen und ein Wort dazu angebracht wäre. Oder in Bethlehem, wo die Christen ja auch an die "Herbergsuche" erinnern, Überlegungen über die Herbergsuchenden zu Hause - gerade angesichts der grassierenden Fremden(rechts)debatte. (Auch hierzu waren die evangelischen Kirchen A.B. und H.B. in den letzten Tagen in einer öffentlichen Wortmeldung schärfer und konkreter; Gott sei Dank hat wenigstens der Linzer Bischof Ludwig Schwarz dazu in einem Interview Stellung genommen.)

Aber auch bei den dieser Tage nachgereichten Stellungnahmen der Bischofskonferenz finden sich keine Äußerungen dazu; "politisch" fordern die Bischöfe da einmal mehr "flankierende Maßnahmen" bei der Fristenlösung ein und sprechen sich klar gegen gesetzlich eingetragene Lebenspartnerschaften aus. Ohne die Wichtigkeit dieser Diskussionen bestreiten zu wollen: Die katholische Kirchenleitung überlässt sowohl bei der Frage des Zusammenlebens von Christen und Muslimen im Land als auch beim gesellschaftspolitischen Skandal des heimischen Fremdenrechts das "christliche" Feld den evangelischen Kirchen, statt mit diesen gemeinsam eine Allianz der Religiösen im Land gegen die herrschende, auch durch Gesetze verordnete Entsolidarisierung zu schmieden.

Es reicht nicht, die Stellungnahmen da "nur den Sprechern der Caritas zu überlassen", meint auch Bischof Helmut Krätzl in seinem neuen Buch (vgl. Seite 2 dieser Furche): Die Kirche müsse hier noch viel "politischer" werden.

Dabei geht es nicht darum, dass Bischöfe zu Zwischenrufern der Tagenspolitik werden. Aber ihre klare und, wenn nötig, auch undiplomatische Parteinahme für die Menschen in Not ist auch von den katholischen Hirten zu fordern. Im Übrigen wäre es eine noble Geste ökumenischen Lernens, würde die katholische Kirchenleitung hier bei den Evangelischen in die Schule gehen.

otto.friedrich@furche.at

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