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Bestandsaufnahme und Pionierarbeit

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LEXIKON FÜR THEOLOGIE UND KIRCHE. Zweite Auflage. Band 5 (Hannover bi* Karterios). Verlag Herder, Freiburg. 1384 Spalten.

Die alphabetische Anordnung bringt et mit sich, daß die positive Theologie im vorliegenden Band überwiegt (der Name Johannes und seine vielen Träger füllen allein 120 Spalten), dennoch fehlen keineswegs Artikel von weittragender Bedeutung, allen voran der zentrale Beitrag über Jesus Christus. Die Verfasser begnügen sich nicht mit reiner Bestandsaufnahme, sondern heben gerade in den systematischen Fundamentalartikeln jeweils die aktuelle Problematik hervor, und wo es möglich ist, unternehmen sie den Versuch, zu neuen Lösungen vorzustoßen beziehungsweise festzustellen, in welchen Punkten gewisse Fragen noch nicht geklärt sind und wo zu einer neuen Erhellung angesetzt werden könnte. Dies gilt zum Beispiel im allgemeinen für das Problem der Hypostatischen Union und im besonderen für die damit zusammenhängende Frage nach einem menschlichen psychologisch ! „Ich“ in Christus (579 und 959). Auch die Schwierigkeiten, die sich im Zusammenhang mit der Universalität des „Heilswillen“ Gottes ergeben, haben noch „keine ausgebildete und einhellige Antwort gefunden“, zumal auch der Begriff „Heidentum“ im geläufigen Sinne überholt zu sein scheint (75). Anerkennenswert ist' die sachliche Offenheit, mit der dieses Werk unter anderem auf bedauernswerte Erscheinungsformen der Inquisition, „die zu den dunkelsten Kapiteln der Kirchengeschichte zählt“, hinweist, für die Notwendigkeit einer Index-reforrn aufkommt und vor einer Verflachung der Herz-Jesu-Verehrung warnt.

Sehr wertvoll sind die sogenannten „Vorfragen“ beziehungsweise die einleitenden Erläuterungen zu Fundamentalgegenständen. Hier wird versucht, neben der Registrierung des vorgegebenen theologischen Wissens auch brennende Fragen neu zu stellen. Die Schwierigkeiten etwa einer Darstellung des historischen Jesus, die den heutigen Laien, wie ausdrücklich betont wird, auf den ersten Blick verwirren könnten, dürften jedoch nicht überschätzt werden (923). E ist daher kein Zufall, daß die neuerdings umstrittene Frage nach dem Jesus der Geschichte und dem Christus des Glauben einige Male zur Sprache kommt, nicht nur bei den „Herrenworten“ und „Ich-Aussagen“, sondern auch bei der Hypostatischen Union und sogar beim Stichwort Harnack. dessen Standpunkt noch keineswegs durch Karl Barth überwunden sei, wie Bultmanns Entmythologisierung beweise. Über das Verhältnis der sogenannten Amts- und Liebeskirch -steuert Karl Rahner im Artikel „Institutionaüsmus“

wertvolle Gedanken und Formulierungen bei.

Es ist einleuchtend, daß viele Theologen sowohl der Vergangenheit (besonders in der „Hochscholastik“) als auch der Gegenwart behandelt werden, und gerade hier, wie auch auf dem Gebiet der Hagio-graphie und der biblischen Realien, zeigt sich, einen wie großen Fortschritt die historische Theologie und ihre Hilfswissenschaften zu verzeichnen haben. Man muß es aber besonders begrüßen, daß die Aufmerksamkeit auch auf die bedeutenden Philosophen und Schriftsteller gelenkt wird, die das jeweilige und vor allem das heutige Zeitdenken mitbestimmt haben, zum Beispiel Hegel, Heidegger, Husserl, Jaspers, Kant, aber auch Huizinga und Kafka, „dessen Wirkung auf die in- und ausländische Literatur, Theologie und Philosophie kaum abschätzbar“ sei. .Mit Recht herrscht das Bestreben vor, auf zeitgenössische Themen ausführlicher einzugehen, so in unserer Zeit der ökumenischen Bestrebungen auf Interkonfessionalismus, interkonfessionelle Gespräche und Irenistik mit ihren Vorzügen und Gefahren, ferner auf Heimatvertriebene, Ich-Du-Beziehung, Indi-vidualpsychologie, Intimsphäre, Humor, Hypnose, Kapitalismus in theologischer Sicht, Jugendhilfe, und so weiter.

Mit dem Erscheinen des 5. Bandes wurde diese Fundgrube theologischer Wissenschaft-ungefähr zur Hälfte abgeschlossen. Möge es der Redaktion, den Mitarbeitern und dem Verlag beschieden sein, auch die zweite Hälfte dieser monumentalen Bestandsaufnahme und Pionierarbeit im vorgesehenen Tempo zu vollenden.

DDr. Nico Creitemann *

GEISTLICHES LEBEN IN DER HEUTIGEN WELT. Geschichte und Übung der christlichen Frömmigkeit. Von r-riedrich Wulf. Verlag Herder, Freiburg 1960. 379 Seiten. Preis 164.25 S.

Obwohl die einzelnen Kapitel dieses Buches nicht von vornherein in inem beabsichtigten inneren Zusammenhang gestanden sind, da der Autor sie als Beiträge der von ihm redigierten Zeitschrift „Geist und Leben“ verfaßt hat, ist es doch staunenswert gelungen, in der Überarbeitung weitgehend einen inneren Zusammenhang herzustellen. Es atmet dieses Buch einen sehr frischen Geist. Aus jeder Seite spricht der vornehme Ernst, die Fragen der christlichen Askese neu zu überdenken. Was in unserer Zeit ganz wesentlich ist, hat der Autor überall in seinen Ausführungen geleistet, nämlich das Ausgehen von der Schrift.

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