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Bibel und Naturwissenschaft

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VOM URSPRUNG BIS BABEL. Von Jen Danielou SJ. Gen. 1—11. Verlag Josef Knecht, Frankfurt a. M., 102 Selten. DM 7.80. - EVOLUTION UND BIBEL. Von Herbert Haag, Adolf Haaa, Johannes Hürieltr. Die biblische Schöpfungsgeschichte heute; der Entwicklungsgedanke und das christliche Welt- und Menschenbild; die Tatsache der biologischen Evolution. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 1966. m S. (Herder-Bücherei, Band 249, S 90 SO

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VOM URSPRUNG BIS BABEL. Von Jen Danielou SJ. Gen. 1—11. Verlag Josef Knecht, Frankfurt a. M., 102 Selten. DM 7.80. - EVOLUTION UND BIBEL. Von Herbert Haag, Adolf Haaa, Johannes Hürieltr. Die biblische Schöpfungsgeschichte heute; der Entwicklungsgedanke und das christliche Welt- und Menschenbild; die Tatsache der biologischen Evolution. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau, 1966. m S. (Herder-Bücherei, Band 249, S 90 SO

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Ein Vortrag über dieses Thema wird vom Alttestamentler sehr oft erbeten, wobei der Nichtfachmann vor allem daran denkt, der bibli- lische Schöpfungsbericht könne mit den modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nur schwerlich in Einklang zu bringen sein. Nun kann der Bibliker nicht oft genug darauf verweisen, daß der biblische Autor nur zu Fragen Stellung nehmen konnte, die ihm bekannt waren. Es ist daher sinnlos, unser modernes Weltbild mit jenem des Altertums zu konfrontieren und eine Harmonisierung anzustreben. Die entscheidende Frage kann nur lauten: Was ist die zeitlose, daher gültige Aussage des biblischen Textes, und was ist zeitgebundene Vorstellung des biblischen Verfassers? Gerade diesem Anliegen dienen zwei jüngst erschienene Bücher, die sehr empfehlenswert sind.

Der bekannte französische Alt- testamentler interpretiert aus der sogenannten biblischen „Urgeschichte“ eine Reihe von Abschnitten, die dem modernen Menschen aus den obengenannten Gründen meist nicht verständlich sind. Nach einer Einführung (Seite 7 bis 22), in der auf die beiden aus dem neunten beziehungsweise fünften Jahrhundert vor Christi stammenden Textschichten eingegangen wird, werden die wesentlichen Proben hinsichtlich der Erschaffung der Welt (Seite 23 bis 33) und des Menschen (Seite 35 bis 49), der Ursünde (Seite 51 bis 63), des Verhältnisses zwischen Adam und Christus (Seite 65 bis 75), der Völkertafel (Seite 77 bis 90) und des Turmbaues zu Babel (Seite 91 bis 102) kurz und klar dargelegt. So entmythologisiert der Schöpfungsbericht (Gen. 1) die von der alt- testamentlichen Umwelt vergöttlichten Naturkräfte und zeigt den transzendenten Schöpfer, von dem das ganze Universum abhängt. Der Mensch ist weder Gott (so die heidnischen Mythen) noch Naturprodukt (so der atheistische Evolutionismus), sondern geistiges Geschöpf, das die übrige Schöpfung zu beherrschen, Gott aber zu dienen hat. Die Gemeinschaft mit Gott (Paradies) hat der Mensch durch die Sünde verloren, da er (damals wie heute) seine

Abhängigkeit von Gott leugnete be ziehungsweise das Heil als Gesehen] Gottes ablehnen wollte; dennochabe ist er nach wie vor zu einer das bio logische Leben übersteigende; Lebensgemeinschaft mit Gott be stimmt, die Christus als „zweite Adam“ (vergleiche 1 Kor. 15, 45 bi 47; Rom. 5, 14) wiederherstelte.

Der Schöpfungsbericht (Gen. 1) mi seiner Darstellung des universale] Schöpfungswerkes hat seine litera rische Fortsetzung in der Völkertafe (Gen. 10), wo die sich entfaltend Verschiedenheit der dem Verfasse bekannten Völker dem Plane Gotte entsprechend erscheint; während abe die alten Völker sich als Zentrun göttlichen Ursprungs auffaßten, sin sie hier entmythologisiert und völli: gleichberechtigte Wirklichkeiten deren Verschiedenheit durch die ein heitliche menschliche Natur be grenzt wird. Diese Verschiedenhei der Völker sieht der Verfasser voi Gen. 11 (Turmbau zu Babel) unte: einem anderen Aspekt, und sie win für ihn zu einem Symbol, das Dram; der in der Menschheit fortschreitenden Sünde verdeutlichen zu können

Der Alttestamentler Haag bemüh sich in seinem Beitrag über die biblische Schöpfungsgeschichte (Seit 9 bis 52) ebenfalls, den zeitlos gül tigen Aussageinhalt von der zeitgebundenen Aussageform zu unterscheiden. Wichtig ist nicht, wie de:

Mensch wurde, sondern daß er Bild Gottes ist, nicht, wie die Frau erschaffen wurde, sondern daß sie natungleiche Partnerin des Mannes ist. Die Erzählung vom Paradies und Sündenfall zeigt vor allem den gerechten und barmherzigen Gott, der das Heil des Menschen will und schafft, obwohl der Mensch die Pläne Gottes immer wieder durchkreuzt. Wenn der Monogenismus nicht aus Gen. 1 bis 3 gefolgert werden kann, ergibt er sich doch aus Röm. 5, 12 bis 19 (vergleiche Enz. Humani generis). Der Philosoph Haas widmet seinen Abschnitt (Seite 53 bis 96) der Entwicklung des christlichen Welt- und Menschenbildes im Anschluß an Teilhard de Chardin. An der Spitze der Entwicklumgspyrarw.de des kosmischen Stoffes, die sich als wachsende Enthüllung der Schöpfergedanken Gottes darstellt, steht der Mensch, der allein den Weltzusammenhang erfaßt. Er hat nicht nur eine naturgesehichtliche Daseinsweise, sondern den schaffenden Geist, durch den er nicht zur Artaufspaltung, sondern zu einer weltweiten Fortpflanzungsgemeinschaft geführt wird. Weil der ursprüngliche Sinn der Schöpfung der „Gottmensch“ ist, deshalb nimmt die Menschwerdung Christi im Schöpfungsplan eine zentrale Stellung ein, über die hinaus es kein weiteres Entwicklungsziel des Menschen geben kann. An zwei Beispielen zeigt schließlich der Paläontologe Hürzeler (Saite 97 bis 124) die Tatsache der biologischen Evolution als Grundprinzip des Schöpfungsplanes, die eindeutig belegbar wird, sobald die Lücken der fossilen Dokumentation geschlossen werden können.

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