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Bilanz der Bischofssynode über Order

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Die Orden gelten als Stoßtrupp und Avantgarde der Kirche. Die am Samstag beendete Weltbischofssynode über „das gottgeweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt“ hat dafür weitere wichtige Impulse gesetzt.

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Die Orden gelten als Stoßtrupp und Avantgarde der Kirche. Die am Samstag beendete Weltbischofssynode über „das gottgeweihte Leben und seine Sendung in Kirche und Welt“ hat dafür weitere wichtige Impulse gesetzt.

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Die zahlenmäßige Größe der Orden steht in keinem Verhältnis zu ihrer spirituellen Kraft. So gehören nur 1,2 Millionen der weltweit 930 Millionen Katholiken einem Orden oder einer religiösen Gemeinschaft an. Dennoch haben die Orden die Kirche stärker geprägt als die meisten anderen Gruppen. /

„Orden sind die eigentlichen Zellen, aus denen unsere Kirche entstand. Sie sind die Zentren der Missionierung und Evangelisierung“, meinte der Wiener Erzbischof Kardinal Hans Hermann Groer in Rom vor einer Gruppe österreichischer Journalisten.

Aus Österreich nahmen an der Weltbischofssynode in Rom die beiden Bischöfe Groer und Maximilian Aichern (Linz) teil, die dem Benediktinerorden entstammen, der Generalsekretär der Österreichischen Superiorenkonferenz, P. Leonhard Gregotsch OCam, und Schwester Elisabeth Göttlicher OSU.

Die Entwicklung der Ordensberufe ist weltweit keineswegs einheitlich. Während die Zahl der Novizen vor allem in den Gebieten Afrikas und Mittelamerikas steigt und beispielsweise in Asien die Zahl der Ordensschwestern um 37 Prozent gestiegen ist, hat in Europa die Zahl der Ordensbrüder von 1979 bis 1993 um mehr als 25 Prozent abgenommen.

Die Krise der Familie, das Mißtrauen in die Institutionen und die Bindungsangst werden als Gründe für den Rückgang der Ordensberufe in Europa genannt. Neben den Nachwuchsproblemen stellen für manche Ordensgemeinschaften Unstimmigkeiten über ihren Auftrag und Ort in Kirche und Welt eine weitere Herausforderung dar.

Auf diesem Hintergrund haben die 244 Synodenväter und 104 Experten und Auditoren - darunter 59 Frauen - besonders eindringlich auf die unverzichtbare Rolle von Orden und religiösen Gemeinschaften in i Kirche und Welt hingewiesen. „Das gottgeweihte Leben als solches hat Bestand, es kann niemals in der Kirche fehlen“, heißt es in einer Schlußbotschaft der Synode an die' Katholiken in aller Welt.

Besondere Erwähnung finden in dem Schlußdokument die Ordensfrauen. Diese müßten „mehr zu den Beratungen und zur Erarbeitung von Entscheidungen in der Kirche hinzugezogen werden, in den Situationen, die dies erfordern“, heißt es in dem Text. Die aktive Teilnahme der Ordensfrauen an der Synode habe die Überlegungen über das gottgeweihte Leben „sehr bereichert“, so der Text der Schlußbotschaft.

Eine Beobachtung, die auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Lehmann, teilt. Das Auftreten der Ordensfrauen habe ihn, so Lehmann, „tief beeindruckt“. Sie haben „selbstbewußt und fachlich kompetent“ ihre Anliegen vorgebracht. Und Wiens Erzbischof Kardinal Groer räumte ein, daß durch die engagierte Teilnahme der Ordensfrauen „deutliche Akzente“ für die Zukunft gesetzt worden seien. Schwester Elisabeth Göttlicher vom Präsidium der Vereinigung der Frauenorden Österreichs hat für die Umsetzung und Weiterführung der synodalen Erfahrungen bereits konkrete Vorstellungen. So sei es „wünschenswert, daß die Vertreter der Orden, auch die Frauen, in der Bi- schofskonferenz beratende Funktionen übernehmen“.

Die Forderungen der Ordensfrauen nach mehr Verantwortung in der Kirche war kaum auf Widerspruch gestoßen. Die Zeit der Bevormundung weiblicher Orden durch das entsprechende männliche Parallelinstitut geht - so ein Beobachter - mit dieser Synode offensichtlich ihrem Ende zu.

Das Frauenthema war bei der Synode aber nur eines unter vielen anderen. So war das Problem der Beziehungen zwischen den Ordensleuten und den Bischöfen und der Vorwurf der „parallelen Seelsorge“ eines der sehr oft diskutierten Themen.

In diesem Zusammenhang sprach sich der Linzer Diözesanbischof Maximilian Aichern in einem Pressegespräch für einen „noch intensiveren“ Dialog zwischen Bischöfen und Ordensleuten aus.

In der Schlußbotschaft wird besonders auf die Vielfalt von katholischen Orden, Kongregationen, Instituten und Gruppen von neuen Formen des gottgeweihten Lebens hin- gewiesen. Deren jeweiliges Charisma dürfe aber keine Quelle für Spannungen zwischen der kirchlichen Hierarchie und den Personen des „gottgeweihten Lebens“ sein, heißt es in dem Text. Die Ordensleute Sollten in „enger Einheit“ mit dem Papst und den Bischöfen das „sentire cum Ecclesia“ leben.

Einen besonderen Dank richteten die Synodalen an die Ordensleute der katholischen Ostkirchen, deren monastische Tradition einen unschätzbaren Wert für die Kirche habe.

HEROISCHES ZEUGNIS

Die Ordensleute werden aufgefordert, mit den Mönchen und Nonnen der orthodoxen Kirchen einen „herzlichen und aufrichtigen Dialog“ zu beginnen und zu verstärken. Zugleich wird den Ordensfrauen und -männern der katholischen Ostkir- ęhen Anerkennung für ihr „oft heroisches Zeugnis“ ausgesprochen.

Das Ergebnis der Ordenssynode wird erst in einem Jahr sichtbar werden, wenn Papst Johannes Paul II. aus dem gesamten, bisher geheimen Arbeitsmaterial ein Lehrschreiben erstellen wird.

Schon jetzt aber steht für den Generalsekretär der Superiorenkonferenz, P. Leonhard Gregotsch, „als eine der vordringlichsten Aufgaben“ fest, daß das Ördensleben in der postmodernen Gesellschaft wieder inkulturiert werden müsse.

Über einen Punkt herrschte bei allen Synodalen Einigkeit: Die Diskussionen mit den Orden und über die Orden dürfen auch nach dem Ende der Synode nicht abreißen.

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