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Bis an die Grenzen der Erde

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URKIRCHE AUF DEM WEG IN DIE WELT. Ein Kommentar zur Apostelgeschichte. Von Hans-Erich R u B. Arena-Verlag, Würzburg 1967. 279 Seiten, 8 Fhototafeln. DM 15.89.

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URKIRCHE AUF DEM WEG IN DIE WELT. Ein Kommentar zur Apostelgeschichte. Von Hans-Erich R u B. Arena-Verlag, Würzburg 1967. 279 Seiten, 8 Fhototafeln. DM 15.89.

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Mit dem Titel „Urkirche auf dem Weg in die Welt“ ist das Zentralthema der neutestamentlichen Schrift, über die der vorliegende Kommentar geht, gut getroffen. Denn Lukas will in der Apostelgeschichte nichts anderes, als den Weg des Evangeliums von Jerusalem bis an die „Grenzen der Erde“, bis ins Zentrum des damaligen Weltkreises, nach Rom, als Prototyp der Evangeliumsverkündigung aufzeigen. Wie hier verrät H. E. Ruß auch sonst Verständnis für die theologischen Inhalte und Themen der Apostelgeschichte. Dadurch wären für die Abfassung eines Kommentars, der wohl in erster Linie für Nichttheologen bestimmt ist, die beste Voraussetzung gegeben.

Das Handikap beginnt aber dort, wo es um die Einzelauslegung der Verse und Texteinheiten geht. Da wird zwar große Belesenheit, aber vor allem ein Mangel an Vertrautheit mit den Methoden und Ergebnissen der neutestamentlichen Wissenschaft der Gegenwart spürbar. Keineswegs soll hier die Meinung vertreten werden, daß der gläubige Christ ein exegetisch gebildeter Fachmann sein soll; der Verfasser eines Kommentars aber muß es sein.

Es ist zum Beispiel höchst unwahrscheinlich, daß die Schriften des Lukas — Evangelium und Apostelgeschichte — vor der Zerstörung Jerusalems (70. n. Chr.) verfaßt worden sind. Und damit ist auch fraglich, ob die Apostelgeschichte tatsächlich zu dem Zweck geschrieben wurde, den Ruß angibt: um Entlastungsmaterial für den Prozeß gegen Paulus in Rom zu sammeln. Wenn man die Intention der natürlichen Schriften erkannt hat, ist es auch kein Grund des Bedauerns, daß die Bibel von keinem der Apostel — und man kann noch hinzufügen: auch nicht von Jesus — eine geschlossene Lebensbeschreibung enthält. Höchst fraglich ist auch, um noch einige Beispiele aus den ersten Abschnitten anzuführen, ob der Jesusjünger Johannes tatsächlich Verfasser eines Evangeliums, dreier kanonischer Briefe und der Geheimen Offenbarung ist, wie Ruß es behauptet. Und eine Bemerkung wie die über Maria aus Anlaß ihrer letztmaligen Erwähnung in der Apostelgeschichte: „Wahrscheinlich ist sie bald darauf in Jerusalem gestorben. Die Gottesmutter war damals schon über fünfzig Jahre alt; sie hatte ihre Aufgabe auf Erden restlos erfüllt, und es ist nicht einzusehen, warum ihr der verklärte Gottessohn das Beisammensein noch lange hätte vorenthalten sollen“ — verrät theologische Naivität. Ausgesprochen pro blematisch aber wird die Sache, wenn die Sendung des Gottesgeistes (Apg 2, 1—41) auf die „kleine Gemeinschaft der Zwölf und — vielleicht — noch einige andere Personen wie die .Brüder Jesu“ beschränkt wird. Nirgends ist deutlicher von der Allgemeinheit der Geistausgießung die Rede, als in diesem Zusammenhang. Solche Schwächen sowie der insgesamt historisierende und psychologisierende Zug der Einzelexegese mindert leider die Qualität des Kommentars erheblich.

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