Bischof der größten Diözese

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Eine kleine, über ein riesiges Gebiet verstreute Herde betreute bisher Bischof Mazur, ein Pole in Sibirien.

Sie wurde als Nachfolgerin der von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1999 installierten Apostolischen Administratur von Ostsibirien am 11. Februar 2002 gegründet, reicht vom Baikalsee bis zur Küste des Stillen Ozeans, hat 16 Millionen Einwohner, von denen eine Million katholische Wurzeln besitzt und etwa 50.000 katholisch getauft wurden - von ihren Großmüttern, die ihren Glauben dem Sowjetkommunismus zum Trotz weitergegeben haben.

Irkutsk ist neben Moskau, Saratow und Nowosibirsk eine von vier russischen Diözesen - übrigens die größte der Welt. Und P. Jerzy Mazur - ein gebürtiger Pole und ausgebildeter Religionslehrer, der nach Missionsjahren in Afrika in Weißrussland tätig war -, ist seit 1998 ihr geweihter Bischof.

Wie sich denken lässt, ist dies eine Aufgabe mit mannigfaltigen Herausforderungen, die ohne die Unterstützung ausländischer Institutionen, allen voran der Caritas, wohl kaum zu bewältigen wäre. Denn verschärft durch das menschenfeindliche Klima, Naturkatastrophen und Umweltprobleme, gibt es in diesem riesigen Gebiet unvorstellbar viel Not und Elend.

Jerzy Mazur ist deshalb viel unterwegs, um Hilfsaktionen ins Leben zu rufen und Sponsoren zu gewinnen. Aus diesem Grund nennt man ihn augenzwinkernd den "Bischof mit dem Koffer". Seit seinem Kurzaufenthalt in Linz macht er in Polen "Station", weil ihm sein Visum für Russland entzogen wurde (siehe oben).

Wie kommt nun ein Bischof aus dem fernen Ostsibirien ausgerechnet nach Linz? Die Erfolgsstory von Diözese und Caritas Irkutsk begann 1993. Damals war es P. Jerzy Mazur, der mit 57 kranken Kindern aus Weißrussland - sie sollten sich an veschiedenen Orten im Mühlviertel erholen - das erste Mal nach Oberösterreich kam. Seit diesem Besuch bestehen die besten Kontakte zwischen dem heutigen Bischof und der Caritas Linz wie auch mit Bischof Maximilian Aichern. Es gibt gegenseitige Besuche und eine fruchtbare Zusammenarbeit bei gemeinsamen sozialen und kirchlichen Projekten.

Bischof Mazur nützt jede Gelegenheit, um sich hier wertvolle Anregungen für seine eigenen Vorhaben zu holen, so etwa im Kinderdorf St. Isidor bei Linz für eine ähnliche Einrichtung in Irkutsk. Es gibt nämlich in dieser Stadt ungezählte (Scheidungs-) Waisen, verlassene, vernachlässigte, Aids-kranke und drogenabhängige Straßenkinder (in ganz Russland sogar geschätzte fünf Millionen!), derer sich polnische Schwestern vom Orden der Dienerinnen des Heiligen Geists annehmen.

Um den Kindern so gut es geht zu einem menschenwürdigeren Dasein zu verhelfen, werden viele von ihnen schon jetzt tagsüber im kleinen, renovierten Wohnhaus der Ordensfrauen in Angarsk betreut. Da das mit Hilfe der Caritas Linz angekaufte und renovierte Haus, das den Straßenkindern als Asyl dienen wird, in Kürze bezugsfertig ist, wird sich deren Situation um ein Weiteres verbessern.

Als herausragendstes Beispiel für Unternehmungsgeist und Tatkraft des Bischofs kann der Bau der katholischen St. Josephs-Kathedrale in Irkutsk (siehe oben) gelten, die mit finanziellen Mitteln diverser Spender erbaut und im Jahr 2000 eingeweiht wurde. Weitere acht Kirchen müssen innerhalb der nächsten drei Jahre gebaut werden, da die Diözese ansonsten der dafür überlassenen Grundstücke verlustig ginge.

Schritt für Schritt versucht die katholische Kirche in Russland, die sich in den Jahrhunderten vor der Oktoberrevolution fest etablieren konnte, verlorenes Terrain zurückzuerobern nach einem Motto, das man vielleicht als "Kohabitation" mit der Russisch-Orthodoxen Kirche bezeichnen könnte.

So habe man sich in Tschita, wo aus dem ehemals katholischen Gotteshaus eine russisch-orthodoxe Kathedrale geworden sei, mit einer neuen, eigenen Kirche als Geste des Entgegenkommens begnügt. Denn Bischof Mazur erklärte, dass ihm die Ökumene ein besonderes Anliegen sei. In vielen Familien gäbe es nämlich sowohl Katholiken wie Orthodoxe. Allerdings kehrten nun viele Menschen mit katholischen Wurzeln zu ihrer alten Kirche zurückkehrten.

Auf die Frage, ob es stimme, dass die russische Orthodoxie angesichts der Gründungen von Diözesen ihre Beziehungen zum Heiligen Stuhl abgebrochen habe, hielt sich der Bischof bedeckt und wies darauf hin, dass die katholische Kirche bisher nur die Kathedrale in Wladiwostok zurückbekommen habe. Allerdings räumte er ein, dass die Gründung neuer Diözesen von der Orthodoxie als "Einmischung in innere Angelegenheiten" betrachtet würde. Umso wichtiger sei es für ihn, in Ostsibirien mit anderen Konfessionen zusammenzuarbeiten, wenn es um Fragen der Menschenwürde und -rechte geht.

Bischof Mazur beschloss unser Gespräch mit dem Dank an alle, die dazu beitragen, das riesige Gebiet seiner Diözese zu einer auch auf lokaler Ebene lebendigen Kirche zu machen, wobei er nicht auf das Trennende, sondern auf das - vor allem im Sozialbereich - Verbindende verwies, nach dem Grundsatz: "Helft einander".

Spenden für die Projekte:

RLB OÖ, Konto 1245000, Kennwort: Kinder in Angarsk.

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