Bischof Krätzls neue Kirchenfreude

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Auch mit seinem Sammelband "Neue Freude an der Kirche" hält Bischof Krätzl den Geist des Konzils kräftig am Wehen.

Das Fest, mit dem der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl im Oktober den Siebziger beging, war wie die Zusammenkunft einer anderen Kirche von Wien. Vom Gottesdienst angefangen herrschte ein Geist, der in der enorm fragmentierten Situation der österreichischen katholischen Kirche schon viel zu selten durchblitzt: Jener Geist des Konzils, das den Wiener Weihbischof so prägte, und den Krätzl auch publizistisch (nicht zuletzt in der furche) und mit Sprachkraft kräftig am Wehen hält.

Bei der Feier vorgestellt wurde das jüngste Krätzl-Buch, dessen Titel "Neue Freude an der Kirche" sowohl den positiven Grundzugang des Autors als auch einige Zwischentöne transportiert, die im Inneren des 304-seitigen Opus immer wieder durchklingen.

"Neue Freude an der Kirche" ist eine Festschrift, die sich Helmut Krätzl selbst zusammengestellt hat - indem er verstreute Vorträge, Buchbeiträge und Artikel der letzten Jahre zusammentrug und mit prägnanten, aber aufschlussreichen Zwischenbemerkungen versah. Diese Zwischentexte enthalten einiges Biographische, Krätzl spart dabei Schmerzliches nicht aus. So kommt er im Zwischentext zur ausgezeichneten Zusammenschau der Diskussion um die Pastoral für wieder verheiratete Geschiedene auch auf das Gerücht zu sprechen, sein Engagement in dieser Frage sei "der Grund dafür gewesen, dass ich nicht Nachfolger von Kardinal König als Erzbischof geworden bin, was einige erwartet hatten". (Eine leise Frage: Wäre Krätzl, hätte sich diese Erwartung erfüllt, auch solch ein Hoffnung- und Mutmacher für die vom nachkonziliaren Rückschlag Enttäuschten geworden?) Der Sammelband erweist einmal mehr, dass Krätzl zu vielen Themen Zugang findet; er spart weder die kirchlichen "heißen Eisen" aus, zu denen nach dem unrühmlichen Ende des "Dialogs für Österreich" die Kirchenleitung zumeist bloß schweigt. Er scheut sich aber auch nicht, ins Thema "Globalisierung" hineinzulesen und daraus einen Festvortrag für einen niederösterreichischen Landespolitiker zu erarbeiten (dieser Vortrag allerdings, so entnimmt man dem dazu gehörigen Zwischentext, musste wegen der schon gedeckten Festtafel wesentlich gekürzt werden; er liegt im Buch aber in kompetenter Langform vor).

Krätzls Analysen zeigen, wie sehr es es versteht, mit der Welt im Gespräch zu bleiben und - diese Zeilen bei einem Bischof zu schreiben mag beschwörend klingen - auch mit der theologischen Forschung: nicht nur im Gespräch, sondern die Reflexionen der Theologen auch fruchtbar für die eigenen Überlegungen aufnehmend. Selten ist hierzulande solch ein Zueinander von Theologie und Bischof zu spüren - und das ehrliche Ringen um eine Kirche in der Welt von heute: Krätzl lässt es sich dabei nicht nehmen, Kirchenbild und theologische Positionen auch von in der Hierarchie höher Stehenden - vom Kardinalpräfekten der Glaubenskongregation in Rom bis zum heutigen Kardinalerzbischof von Wien - kritisch zu hinterfragen. Auf diese Weise nimmt Krätzl auch im jüngsten Buch auf seine Weise das bischöfliche Lehramt wahr - im Dialog und in der Kontroverse mit anderen, die sich um die Kirche bemühen.

Nicht erst auf den letzten Buchseiten, wo er sein "dankbares Bekenntnis zur Kirche" ausbreitet, ist klar: Würde in Österreichs Kirchenleitung mehr konziliarer Geist, wie ihn Krätzl übermittelt, wehen - es gäbe frische Luft zum Atmen, auch für Querdenker und Freigeister, welche die katholische Kirche mehr als nötig hat.

NEUE FREUDE AN DER KIRCHE. Ein engagiertes Bekenntnis. Von Helmut Krätzl. Tyrolia-Verlag, Innsbruck 2001, 304 Seiten, geb., öS 298,-/ e 21,66

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