Brückenbau - trotz Gegenwind

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Unterwegs zur Sitzung war ein Blick auf die aktuellen Schlagzeilen unvermeidlich: "Eine Religion unter Verdacht" stand da. Und "Terror im Namen des Islam". Und "Gotteskrieger als Henker".

Mitten in dieser Grundstimmung von Angst und Empörung über das Wüten islamistischer Krieger kamen jetzt in Wien Christen und Muslime zusammen. Betroffene eines Dramas, das niemanden kalt lässt. Gemeinsam gründeten sie nun den Verein: "Plattform Christen und Muslime" (www.christenundmislime.at). Die Vorgeschichte führt Jahre zurück - in die Aufregung um die "Mohammed-Karikaturen" des Jahres 2006. Aber auch in manche Niederung österreichischer Politik: Als ein FPÖ-Frontmann im TV behauptete, Muslime wollten unsere Gipfelkreuze gegen Halbmonde tauschen. Als sich Wahlkampf-Poeten mit dem verführerischen Vers "Pummerin statt Muezzin" profilierten. Als das "Feindbild Islam" unaufhaltsam im Vormarsch war.

Gemeinsam wanderten schon damals heimische Christen und Muslime bergwärts ("Kipferlsturm"). Gemeinsam stellten sie sich hitzigen Straßendiskussionen. Gemeinsam zogen sie in den "Garten der Religionen" im Stift Altenburg.

Und immerhin: Mehr als 1400 Österreicherinnen und Österreicher aller religiösen Bekenntnisse schlossen sich bald darauf einer Initiative an, die Brücken bauen wollte -unter ihnen Bischöfe, Künstler, Politiker, Medienleute Mehr Respekt war angesagt, Begegnung und Verständigung. Und Verzicht auf Pauschalurteile.

Keine Alternative zum Miteinander

Jetzt, am Höhepunkt des aktuellen IS-Wahnsinns, ist ein ordentlicher Verein daraus geworden. Gewachsen aus dem Wissen, dass es zum Miteinander keine Alternativen gibt - auf allen Seiten. Dass religiöses Unwissen und gegenseitige Verzerrungen unser aller Zukunft bedrohen. Und in der Überzeugung, dass der säkulare Staat keineswegs die (mancherorts erhoffte) Abschaffung der Religionen anstrebt, sondern im Gegenteil die Freiheit der Lebens-und Glaubensformen. Solange das gemeinsame Ziel heißt: "einander verstehen und miteinander handeln".

Der Islam ist heute Österreichs zweitgrößte Religion. Mehr als 500.000 muslimische Menschen leben mit uns. Sie teilen dieses Land, sein Schicksal und seine Sicherheit mit uns. Sie sind - von wenigen Extremisten abgesehen - dankbar für den inneren Frieden. Sie erhoffen Gleichheit vor dem Gesetz, mehr Achtung - und einen Ausbruch aus religiösen Hinterhöfen. Vor allem: Sie sind entsetzt über die Entmenschlichung im Namen ihres Glaubens.

Die Erfahrung sagt: Es ist allein das Grundvertrauen, das Kritik und Selbstkritik ermöglicht - auf allen Seiten. Das den Blick auf Gemeinsamkeiten weitet. Das einen Zusammenhalt schafft, der Gefahren erkennen lässt, die an den religiösen Rändern lauern.

"Plattform Christen und Muslime": Hier ist im Gegenwind etwas Wichtiges gewachsen - von unten. Das lässt auf Beständigkeit hoffen.

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