Buddha ins Christentum

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Günther Nenning übt sich als Religionslehrer: Zwischen Augustinus und dem lieben Augustin.

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Günther Nenning übt sich als Religionslehrer: Zwischen Augustinus und dem lieben Augustin.

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Er hegt Mißtrauen gegen die Wissenschaft. Ihn interessieren Spitzfindigkeiten nicht. Sein 21. Buch sollte "S=H=S" (Sinnlichkeit ist Heiligkeit ist Sinnlichkeit) werden, aber der Verlag wünschte eines über Buddha und Jesus: Wird die Sexual-Theologie halt Günther Nennings 22. Buch. Das 21. heißt somit: "Buddha, Jesus und der Rest der Welt."

Nenning ist sich der Schwierigkeit eines Dialogs zwischen Christentum und Buddhismus bewußt: Hollywood wird Buddhawood, Globalisierung als Schickimicki-Gewäsch, die Buddha-Falle. Aber auch Toleranz gegenüber der anderen Religion könnte in die falsche Kehle geraten, weil sie voraussetzt, daß der Tolerante sein Gegenüber nur aus Herablassung duldet, aber in Wirklichkeit nichts von ihm lernen will. Letzteres aber ist das Anliegen des Buchs.

So spaziert der Verfasser durch den Wald der Theologie der Religionen, den Atheismus mit eingeschlossen, und bleibt unter vielen verschiedenen Bäumen stehen. Diesseitiger Lebenslauf und Jenseitshoffnung, Fastenvorschriften und Reinheitsgebote, Himmelslohn und Höllenstrafe, ewiges Leben und Reinkarnation, vor allem aber Liebe und Sinnlichkeit betrachtet er auf seinen Streifzügen. Auf ihnen stößt er zwar selten direkt auf Jesus oder den Buddha, aber umso häufiger auf Buddhismus und Christentum.

Als Schulbuch oder Erstinformation ist das Ganze unbrauchbar, bekennt sich doch das einstige Enfant terrible des österreichischen Journalismus zur Wirrheit der Methode, immer Neues über immer Dasselbe zu sagen. Denn je wichtiger eine Sache ist, desto weniger kann man sie der Reihe nach in logischer Folge abhandeln. Der Leser findet dennoch fundamentale Aussagen, die in Nenning'scher Formulierung tiefer unter die Haut gehen, mehr unter den Nägeln brennen als religionswissenschaftliche Fachliteratur.

Beispiele gefällig? "Das Gute, Schöne, Wahre aus allen Bruder- und Schwester-Religionen können wir Christen bestens gebrauchen, wir Atheisten erst recht." "Atheismus ist der höchste Beweis, daß die Menschen Sehnsucht nach Religion haben." "Es fällt schwer, irgendwelche Belege aufzuspüren für das Lachen im Christentum." "Der echte Wiener ist Austro-Buddhist ... Der liebe Augustin war wie der heilige Augustinus sowohl ein fideler Kerl wie ein streng Ruhebedürftiger." "Buddhisten sind gelassen, Christen sind nervös". "Es gibt nur einen Gott - für den steten Hinweis sollten wir Juden und Moslems herzlich danken." "Zum Geheimnis des gänzlich anderen, überlegenen und erhabenen Gottes gehört: daß wir dennoch und zugleich innig teilhaben an diesem Gott". "Maria ist für mich die wunderbarste Gottgestalt im christlichen Glauben ...Von der Dreifaltigkeit zur Vierfaltigkeit, mit Maria als Quotenfrau." "Der Tod ist die logische Voraussetzung der Auferstehung". "Gott schuf eine üppig gedeckte Tafel - eine sinnliche Welt, zum achtsamen Anschauen, Begreifen, Beriechen, Beschmecken."

Schließlich: "Buddha kann und soll hineingenommen werden ins Christentum. Er macht aus uns reichere und bessere Christen."

Von den Verlegern verlangt Nenning, sie sollen das Buch unter die Leute bringen, einen Werbetext daraus machen. Der Rezensent weiß nicht, ob ihm dies gelungen ist. Ihm fällt es schwer, fünf gerade sein zu lassen. Soll er sich jetzt mit der Göttin vereinigen?

Buddha, Jesus und der Rest der Welt. Von Günther Nenning. Pattloch Verlag, Augsburg 1999. 272 Seiten, geb., öS 234,-/e 17,00

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