charles de foucauld - © APA / AFP

Charles de Foucauld: Heiliger Bruder Karl

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Am vergangenen Sonntag sprach Papst Franziskus den Mystiker und Eremiten Charles de Foucauld heilig, der den verborgenen Jesus – auch in den armen Menschen – gesucht hatte.

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Am vergangenen Sonntag sprach Papst Franziskus den Mystiker und Eremiten Charles de Foucauld heilig, der den verborgenen Jesus – auch in den armen Menschen – gesucht hatte.

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Am 1. Dezember 1916 wurde er im Herzen der Sahara, in Tamanrasset, Südalgerien, durch eine Kurzschlusshandlung seines jugendlichen Bewachers erschossen. Nun wird er in Rom von Papst Franziskus heiliggesprochen. Die Rede ist von Charles de Foucauld. Warum wird er heiliggesprochen? Und warum jetzt? Und welche Bedeutung hat das für unsere globale Gesellschaft und unsere Kirche? Blicken wir ein wenig genauer auf die Wege, die Gott Charles de Foucauld (1858–1916) entlangführte, und wie er sich führen hat lassen.

Nach einer in der Volkskirche verwurzelten traditionellen christlichen Erziehung lernte der Spross einer reichen französischen Adelsfamilie als Jugendlicher Bücher lieben und entfernte sich immer weiter vom Glauben seiner Kindheit. Er wurde nach zweijähriger Ausbildung an der Militärschule Offizier und erbte von seinem Großvater ein beträchtliches Vermögen, das ihm ein ausschweifendes Partyleben ermöglichte.

1880 wurde Charles zu einem Militäreinsatz ins Wüstenland Algerien geschickt, dort aber wegen einer Affäre mit einer Frau entlassen. Nach kurzer Rückkehr zur Armee zog es den Abenteurer in das damals für Ausländer unter Todesstrafe verbotene Marokko. Als Jude verkleidet, bereiste er das weitgehend unerforschte Land. Besonders beeindruckt war er von der tiefen Religiosität der Muslime. Man war nach seiner Heimkehr von seinen Forschungsergebnissen rundum begeistert.

Nur noch für Gott leben

Aber Charles war damit nicht zufrieden und keineswegs erfüllt. Er kehrte nach Paris zurück, wo er von der Familie mit seinen 28 Jahren wie der verlorene Sohn aufgenommen wurde. Immer wieder suchte er „einfach so“ Kirchen auf und verbrachte dort viel Zeit mit seinem seltsamen Gebet: „Mein Gott, wenn es dich gibt, lass mich dich erkennen.“ Mit der Bitte um Religionsunterricht wandte er sich an einen in der Pariser Gesellschaft bekannten Priester, Abbé Henri Huvelin. Doch statt ihm theoretischen Religionsunterricht zu geben, forderte dieser Charles auf, zu beichten und die Kommunion zu empfangen.

Von da an sagte Charles: „Als ich dann glaubte, dass einen Gott gibt, konnte ich nur noch für ihn leben“. Huvelin ermutigte ihn zu einer Pilgerreise ins Heilige Land, wo der Besuch von Nazaret für ihn zum Schlüsselerlebnis wurde. Er war dort dem verborgenen und armen Leben Jesu besonders nah. Fortan war er vom Wunsch beseelt, diesem Leben ganz zu folgen und allen Wohlstand hinter sich zu lassen. Zunächst trat er in den Schweigeorden der Trappisten ein und war glücklich. Das Leben war ihm aber nicht arm genug, wie er an Huvelin schrieb: „Für die Reichen sind wir arm, aber nicht so arm, wie ich es in Marokko war.“

Er reiste wieder inkognito nach Nazaret, wo er bei den Klarissen in einer Besenkammer als Hausbursche lebte, der Einkäufe machte und putzte. Besonders wichtig war ihm die Nähe zum Tabernakel der Kapelle der Schwestern, in der er Stunden und Nächte mit der Anbetung des verborgenen Jesus verbrachte und die Evangelien durchmeditierte. Er träumte davon, Gefährten für seine Lebensform zu finden und verfasste Ordensregeln.

Zurück in Frankreich wurde er 1901 zum Priester geweiht und ließ sich dann im algerischen Béni Abbès nieder. Er wollte dort zunächst in der Wüste, in Einsamkeit, ein Leben der Anbetung des verborgenen Jesus im Tabernakel leben. Aber immer wieder klopften arme Menschen an seine Tür, denen er half. Da wurde das Jesuswort: „Was ihr einem dieser Kleinsten tut, das habt ihr mir getan“, zum Schlüssel für den tiefen Gleichklang der Nähe zum verborgenen Jesus im Tabernakel und dem in jedem Armen verborgenen Jesus. So wurde ihm seine Identität als Bruder aller Menschen – als Bruder Karl – klar.

Als Bruder Karl erfuhr, dass die Sklaverei in der Sahara immer noch existierte, zog es ihn zu den Tuareg. Es gab unter ihnen keinen Priester. So brach er mit einem Militärkonvoi ins Herz der Sahara, über Karawanenwege nach Tamanrasset auf, wo er mit der Erarbeitung von Wörterbüchern begann, um auch anderen den Kontakt mit den Tuareg zu ermöglichen. Nach und nach gewann er deren Vertrauen und wollte ihnen das Evangelium verkünden, wie es auf seinem Grabstein steht: „Ich möchte das Evangelium mit meinem ganzen Leben hinausschreien.“

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