Charles Taylor  - © Foto: © Berggruen Institut

Charles Taylor: Zu Sprache geronnene Metaphysik

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Charles Taylor geht es um den Nachweis, dass Sprache nicht allein dazu dient, Tatsachen zu benennen und zu kommunizieren. Vielmehr dient sie der "Erschaffung von Bedeutung", ja der Erschaffung von Welt.

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Charles Taylor geht es um den Nachweis, dass Sprache nicht allein dazu dient, Tatsachen zu benennen und zu kommunizieren. Vielmehr dient sie der "Erschaffung von Bedeutung", ja der Erschaffung von Welt.

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Habermas. Wie ein Fels in der Brandung steht dieser Name da, wenn es um gesellschaftliche Moral-und Normdiskurse geht, um Sprachphilosophie oder um Gesellschaftstheorie. Zwar strengt sich heute eine neue Generation an Philosophen an, diesen Fels mit Fäustel und Stemmeisen zu zerschmettern oder aber ihn schlichtweg im feuilletonistischen Smalltalk als erledigt zu desavouieren, allein: es ist noch kein eleganterer und umfassenderer Versuch am akademischen Horizont aufgetaucht, der all jene philosophisch verlorenen Begriff wie Geschichte, Kosmos, Mensch zusammenfügen könnte, ohne in einen platten Naturalismus oder eine religiöse und damit exklusive Sprache abzugleiten.

Bei Habermas ist Kants bestirnter Himmel zwar bereits abgeräumt, aber zumindest ist noch eine schmerzhafte Leerstelle spürbar, eine Ahnung davon, dass der Mensch mehr ist als eine verglimmende Monade, mehr als Stoffwechsel und Fortpflanzung. Nun aber wagt es ausgerechnet ein Zeitgenosse, ja Freund von Habermas - der kanadische Philosoph Charles Taylor - diese Leerstelle neu zu füllen und mit seinem Buch "Das sprachbegabte Tier" nichts Geringeres vorzulegen als den Entwurf einer sprachphilosophischen Kosmologie. Dabei macht es der Universalgelehrte selbst seinen wohlgesinntesten Lesern nicht leicht: Denn sein 600-Seiten-Wälzer ist in weiten Strecken vor allem eines: knochentrockene Sprachphilosophie -gleichwohl in nonchalant unakademische Sprache gekleidet und gespickt mit teils amüsanten Beispielen - vom Biker bis zur Ming-Vase von Tante Hannelore.

Sprache, die zur Gemeinschaft drängt

Taylors Grundthese ist bei all dem klar, und er legt sie gleich zu Beginn auf den Tisch: Es geht ihm um den Nachweis, dass Sprache nicht allein dazu dient, Tatsachen zu benennen und zu kommunizieren; sie dient vielmehr der "Erschaffung von Bedeutung", ja der Erschaffung von Welt. Sprache drängt laut Taylor stets zur Gemeinschaft - zur Gemeinschaft unter Gleichen, die im Raum des Sozialen "nach Verbundenheit, Intimität, Liebe" streben, aber auch zum Einfühlen in ein größeres Ganzes: "Wir spüren, dass die Wörter Bestandteile eines umfassenderen Sprachvermögens sind."

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