Christliche Brücken zum Buddhismus gebaut

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Hugo Enomiya-Lassalle: Ein Mensch, der auf der Suche nach Gott den weiten Weg bis ins Herz einer anderen Religion geht und doch bis an sein Lebensende ein Nachfolger Christi bleibt. Ein Mann, der in mühsamer Pionierarbeit die Zen-Meditation als Hilfe auf dem Weg zur mystischen Vereinigung mit dem Einen ins Christentum integrierte. Der Tausenden in Europa und Asien Zazen, das Sitzen in Versenkung, lehrte. Die Wiener Religionswissenschaftlerin und Publizistin Ursula Baatz hat eine Lebensbeschreinung Lassalles versucht. In akribischer Recherchearbeit ist ihr ein imposanter Wurf gelungen: die Biographie einer "großen Seele".

Hugo Lassalle wurde 1898 in Westfalen geboren. Mit der damals üblichen patriotischen Begeisterung zog er 1916 in den 1. Weltkrieg. Das Entsetzen über das erlebte Elend ließ ihn die Religion suchen. 1919 trat er in das Noviziat der Jesuiten in Holland ein.

Nach Theologie- und Philosophiestudium wurde er 1929 in die Mission nach Japan geschickt. Lassalle bemühte sich dabei um größtmögliche Annäherung an die japanische Mentalität. Anfänglich arbeitete er in den Slums von Tokyo an einem Sozialhilfswerk. Ab 1939 war er in Hiroshima, wo eine neue Diözese aufgebaut wurde. Die Mission war allerdings nicht sehr erfolgreich. Umso intensiver widmete sich Lassalle dem geistlichen Weg der Askese.

Dieses Ideal der Abtötung aller Wünsche und Anhaftungen traf er auch im Zen-Buddhismus an. 1943 nahm er erstmals an einem Sesshin, einer strengen Meditationswoche in einem Zen-Kloster, teil. Im Zen geht es um die Erfahrung des Absoluten, des Nichts, das allem zugrunde liegt. Lassalle fand Parallelen zu den buddhistischen Lehren in der christlichen Mystik, die Gott als das "Vollkommene Nichts" bezeichnete.

Am 6. August 1945 fiel in Hiroshima die Atombombe. Lassalle wurde verletzt, konnte sich jedoch retten. Nach dem Krieg konzentrierte er sich auf die Errichtung der Friedenskirche in Hiroshima - als weltweites Symbol der Versöhnung. Ab 1949 suchte Lassalle eine enge Kooperation mit den Buddhisten. Mit Zen-Meistern sah er sich einig in der Sorge um die zunehmende religiöse Indifferenz der Menschen. Er bemühte sich, die Meditation theologisch in den christlichen Weg zu integrieren, die buddhistischen Begriffe in christliche Sprache zu übersetzen. Er schlug vor, Zazen als Übung für die Jesuiten einzuführen.

Doch sein Ansinnen stieß auf Ablehnung. Erst durch das II. Vatikanum trat ein Umdenken ein. Lassalle wurde der Bau eines Zen-Hauses in Tokyo gestattet, in dem Christen Zazen praktizieren konnten. Großen Erfolg hatten seine Sesshins, die er ab 1968 in Deutschland hielt. Hunderte kamen, um unter seiner Leitung Zen zu üben. Angeregt durch Lassalle fuhren immer mehr westliche Theologen nach Japan, um zu Zen-Lehrern ausgebildet zu werden. Der lange Kampf Hugo Lassalles, der als Makibi Enomiya japanischer Staatsbürger geworden war, trug gegen Ende seines Lebens reiche Früchte.

Auch Biographin Ursula Baatz lernte Lassalle bei einem Zen-Sesshin in einem katholischen Kloster kennen: "Was mich beeindruckte und überzeugte, war die Atmosphäre dieser Tage: klar, erfrischend, das Leben und der Glauben bekamen neue Konturen. Diese Atmosphäre hatte mit Pater Lassalle zu tun - nicht so sehr mit dem, was er sagte, sondern mit seiner Person, mit seinem Da-Sein und So-Sein. Er wurde für mich zum Vorbild für ein geglücktes Leben. Wie wird man zu einem solchen Menschen, das hätte ich ihn gerne gefragt." Erst durch sein jahrzehntelanges Ringen um Gotteserfahrung und Selbstvervollkommnung hatte sich Lassalle zu einem spirituell reifen Menschen entwickelt, vor dem sich selbst Zen-Meister anerkennend verbeugten. Seine Lebensmaxime lautete: Alles in Liebe tun.

Hugo M. Enomiya-Lassalle. Ein Leben zwischen den Welten.

Von Ursula Baatz. Benziger Verlag, Zürich 1998. 512 Seiten, geb., öS 394,

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