Club of Vienna: Wie alles begann

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Seit nunmehr drei Jahren beschäftigen sich die Mitglieder des Club of Vienna gemeinsam mit externen Experten mit den Ursachen des Wachstums. Im Folgenden beschreibt Präsidiumsmitglied hermann knoflacher die Entstehung der Vereinigung sowie gegenwärtige und vergangene Projekte.

In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts versammelte der Systemwissenschaftler Jay W. Forester einige junge Wissenschaftler um sich, um für den Club of Rome Daten über den Zustand der Welt zu erheben und anschließend Modelle zu entwickeln, mit denen die zukünftige Entwicklung abgeschätzt werden sollte. Damals ahnte wohl kaum jemand, wie sehr diese Aktion die Welt verändern würde.

Von Amerika angetrieben befand sich die Welt in einem Zustand rauschhafter dynamischer Entwicklung und eines nie da gewesenen Wachstums nicht nur des Kapitals, sondern auch des Verbrauchs natürlicher Ressourcen. 1973 erlebte die Welt die erste Energiekrise, den "Ölschock". Ein Jahr zuvor war die Arbeit des Club of Rome von Donella und Denis Meadows "The limits to growth" ("Die Grenzen des Wachstums") erschienen und löste weltweite Betroffenheit aus: Die Erde ist begrenzt, und wenn so weitergemacht wird wie bisher, wird dies zwar für die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts möglich sein, aber dann werden zunehmend dynamische Krisen an allen Ecken und Enden auftreten.

Anstoß zu Club in Wien

Dieses Buch las der Wiener Vizebürgermeister Hans Mayr und war vom Inhalt so betroffen, dass er Denis Meadows um Vorschläge bat, welchen Zukunftsaufgaben sich die Stadt Wien stellen sollte. Das Ergebnis dieser Aussprache war die "Zukunftskonferenz", aus der dank Rupert Riedl der Club of Vienna entstand.

In der "Lorenz-Villa" in Altenberg entstand das Buch "Ursachen des Wachstums" von 17 Autoren verschiedener Wissensgebiete - die international erste Arbeit zu diesem Thema. Der wesentliche Unterschied und Fortschritt gegenüber dem Club of Rome, der die Grenzen des Wachstums in der physischen Welt aufzeigte, war die auf der Evolutionstheorie und evolutionären Erkenntnistheorie basierende interdisziplinäre Methode der "Längsschnittsbetrachtung" der Evolution und der Welt quer durch die Disziplinen, um die Ursachen der verhängnisvollen Entwicklungen in unserer Gesellschaft aufzudecken.

Der Club of Vienna arbeitete viele Jahre ohne jede finanzielle Unterstützung, aber mit starkem Engagement seiner Mitglieder an verschiedenen Themen. Von mir selbst wurde angeregt, wenn es schon den "Club of Vienna" gibt, den "Club of Vienna" in der namengebende Stadt anzusiedeln. Es waren schließlich zwei Persönlichkeiten der Wiener Stadtverwaltung, die die Chance erkannten, dieses Potenzial für die Stadt Wien zu nützen: Bürgermeister Michael Häupl und der ehemalige Finanzstadtrat und spätere Finanzminister Franz Edlinger stellten die Voraussetzungen für die Weiterführung der Arbeiten sicher.

In den ersten drei Jahren seiner "offiziellen Wiener Aktivitäten" konnte dank der Unterstützung der Stadt Wien eine Reihe von grundlegenden Forschungsarbeiten begonnen und einige bereits abgeschlossen werden. Dazu gehört das Projekt "Wien und seine Nachbarn"; das Projekt "Die unheilige Allianz" über die Verbindung von Kapital und Wissenschaft und der Missbrauch der Wissenschaft; das Projekt "Regieren gegen den Bürger" beschäftigt sich mit der Zeiterscheinung, dass die Regierungen - obwohl demokratisch legitimiert - immer weniger im Interesse der Bürger, sondern immer stärker im Interesse dahinter stehender Kapitalgruppen agieren mit zum Teil verheerenden Folgen in verschiedenen Bereichen des Lebens und der Umwelt. Von Rupert Riedl vorgeschlagen und von Klaus Woltron als Koordinator vorangetrieben wurde das Projekt "Zähmung des Kapitalismus".

Kapitalismus zähmen? Ja!

Der Titel allein klingt angesichts der Kräfteverhältnisse zwischen Menschen und Kapitalgesellschaften geradezu illusorisch. Ähnlich mag es aber auch den Menschen seinerzeit gegangen sein, wenn sie mit bloßen Händen vor einem wilden Stier, einem Pferd oder einem wilden Kamel gestanden sind: Auch hier ging es um nichts anderes, als um die Beherrschung einer übermächtigen Form von Energie durch Geist und Verantwortung - genau die gleiche Aufgabe wie bei der Zähmung des Kapitalismus.

Schon die erste Arbeitsphase brachte mit der vorläufigen Analyse des Kapitalismus tiefe Erkenntnisse über seine Wirkungsmechanismen, jene der Gesellschaft und über die Wirkungsmechanismen, die der Kapitalismus in der Gesellschaft auslöst. Die weitere Phase der Bearbeitung dieses Projektes war aber dadurch nicht einfacher, sondern eher schwieriger geworden, weil Positionen selbst von Mitgliedern des Club of Vienna in Frage gestellt wurden und auch der unterschiedliche Arbeitsstil von Wissenschaftlern und Managern bewältigt werden muss.

Hier zeigt sich der Vorteil, aber auch der Nachteil der Arbeitsmethode des Club of Vienna. Alle Mitglieder arbeiten ehrenamtlich, den ausländischen Mitgliedern werden lediglich Reise- und Aufenthaltskosten ersetzt. Bezahlt werden nur junge, für konkrete Projekte angestellte Wissenschaftler oder externe Fachleute für spezielle Fragen. Bisher hat das Interesse und das Engagement für die Themen die enormen Belastungen, die die Mitglieder treffen, weitgehend kompensieren können.

Auch wenn man sich mit den Ursachen des Wachstums beschäftigt, darf man die Zukunft nicht vergessen. Daher hat der Club of Vienna einen Preis für junge Wissenschaftler ausgeschrieben, die der Gesamtschau, die Professor Rupert Riedl in seinen Arbeiten vertreten hat, Rechnung tragen. Sie müssen die Kriterien Verankerung in der Evolutionstheorie, Interdisziplinarität, Verknüpfung mit den Fragen nach Ursachen und Regulierung des Wachstums, Einbindung in den lebendigen Fluss der Gesellschaft mit Praxis und gesellschaftspolitische Relevanzbesitz beinhalten und wissenschaftliche Exzellenz aufweisen.

Wissenschafts-Wirkung

Die Wirkung des Club of Vienna für den akademischen Nachwuchs, sich nicht nur in einzelnen Spezialfragen zu verlieren, sondern den Blick wieder auf das Ganze, die Menschheit, die Zukunft und die Welt zu lenken, ist nicht zu unterschätzen und dank der Förderung der Stadt Wien möglich. In den vergangenen Jahren war es weiters möglich, in regelmäßigen Abständen Referenten aus dem In- und Ausland zu grundlegenden und wichtigen Fragen der laufenden und zukünftigen Projekte des Club of Vienna einzuladen und mit einem engagierten Kreis von Besuchern zu diskutieren.

Die Fülle der Aufgaben, die sich aus der Erforschung der Ursachen des Wachstums ergeben, ist um das Vielfache größer als die derzeitigen Möglichkeiten des Club of Vienna, sie zu bewältigen. Eine oberflächliche Behandlung, wie sie leider häufig bei interessanten Themen erfolgt, ist sowohl gegen die Absicht des Gründungspräsidenten Riedl als auch sämtlicher Mitglieder des Club of Vienna. Die Zusammenarbeit mit dem Club of Rome ist durch mehrere Persönlichkeiten, die beiden Organisationen angehören, gesichert; zudem hat der Club of Vienna ein international qualifiziertes Organ für interdisziplinär interessante Fragestellungen gewonnen und repräsentiert damit die Stadt Wien in diesem Wissenschaftsbereich.

Weitere Informationen:

www.clubofvienna.org

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