Sonntags arbeiten? Die Frage ist umstritten. Argumenten für die Sonntagsruhe werden ökonomische Argumente entgegengehalten. Eine Ethik des Sonntags schließt nicht nur ein bestimmtes Verständnis von Arbeit ein. Sie gehört in den weiteren Kontext einer Ethik der Freizeit und unseres Freizeitverhaltens.
In einer Epoche der Unrast und Umtriebigkeit ist nicht nur die Langsamkeit, sondern auch die Muße neu zu entdecken. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet der Schwiegersohn von Karl Marx, Paul Lafargue, 1883 in einer gleichnamigen Schrift nicht etwa das Recht auf Arbeit, sondern das Recht auf Faulheit eingeklagt hat. Lafargue meinte mit Faulheit nicht das gelangweilte Nichtstun oder Totschlagen der Zeit, sondern eben die Muße, welche im Kapitalismus, aber auch im Marxismus gänzlich verloren zu gehen drohe.
Das Recht auf Freizeit ist längst erstritten. Doch die heute übliche Freizeitgestaltung hat nur bedingt etwas mit Muße zu tun. In der Freizeit wird weiter gearbeitet. Es gibt zum Beispiel einen beachtlichen Arbeitsmarkt von Nebenjobs. Selbst Freizeitaktivitäten arten in Arbeit und Stress aus. Hinter aller Hyperaktivität lauert die Angst vor Langeweile.
Um so drängender ist die Frage, wie wir diese Angst überwinden und innere Ruhe finden.
Von Johann Baptist Metz stammt der einprägsame Satz, die kürzeste Formel für Religion sei Unterbrechung.
Der Einbruch des göttlichen Heils unterbricht den Lebenszusammenhang der unerlösten Welt, die schlechte Unendlichkeit des Immer-weiter-so. Exemplarisch geschieht solche Unterbrechung an jedem Sonntag. Hier kann der Einbruch des Heils leibhaftig erfahren werden.
Insofern kommt dem Sonntag eine wichtige Rolle bei der Entwicklung einer Kultur der Muße zu.