Groer Krenn - © APA / Kelly Schoebitz - Bischof Kurt Krenn (li.) und Kardinal Hans Hermann Groer

"Das Buch Groër": Macht, Mißbrauch und Katharsis

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Hubertus Czernin hat eine Chronik der Affäre Groër zusammengetragen. Obwohl das meiste schon bekannt war, eine unerträgliche Lektüre. Die aber als Beitrag zur Gesundung der Kirche empfohlen werden muß.

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Hubertus Czernin hat eine Chronik der Affäre Groër zusammengetragen. Obwohl das meiste schon bekannt war, eine unerträgliche Lektüre. Die aber als Beitrag zur Gesundung der Kirche empfohlen werden muß.

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Nichts wirklich Neues springt aus dem "Buch Groër " entgegen, für das der Journalist und Verleger Hubertus Czernin, zu Zeiten der Enthüllung der Affäre Herausgeber des Profil, penibel Material zusammengetragen hat. Dennoch ist die Veröffentlichung der Chronik verdienstvoll, schmerzlich - aber letztlich der Aufarbeitung dienlich.

Verdienst kommt Czernins Buch auch deshalb zu, weil es die Erklärung der Bischöfe Weber, Schönborn, Eder und Kapellari vom 27. Feber dieses Jahres für jeden Gutwilligen nachvollziehbar macht: Die "moralische Gewißheit", zu der sich die vier Bischöfe bekannten, daß die Vorwürfe gegen Groer im wesentlichen zutreffen würden, wird auch vielen Lesern des Buches klar werden. (Nur wer seit jeher der Theorie anhängt, nach der die Anschuldigungen Teil eines antikirchlichen Komplotts seien, dürfte durch Czernins sorgfältige Recherchen wohl nicht umgestimmt werden können.)

Zumindest ein Teil des Materials, das auch den Bischöfen zur Verfügung stand, liegt auch den Darstellungen im "Buch Groër " zugrunde: Briefe und Eingaben von betroffenen Ordensleuten - im Amt befindlichen und ausgetretenen - an Obere und Abt im Stift Göttweig, an Bischöfe; die ausführlichen und sehr komplizierten Auslassungen der Gunthild Ritschl, die schon vor Josef Hartmann, dessen Angaben im Profil die Affäre Groer ins Rollen brachten, innerkirchlich Aufklärung forderte ... Viele der Dokumente, die Czernin in seiner Chronik abdruckt, waren jedenfalls schon längst in den Händen kirchlicher Verantwortlicher.

Das spricht auch für die Seriosität des Unterfangens: das "Buch Groër " ist kein Skandalbuch; skandalös ist vielmehr die Affäre und der kirchliche Umgang damit. Auch wenn in den letzten Wochen innerkirchlich einiges in Bewegung geriet und manches (wie die Bischofserklärung vom 27. Feber) noch vor Jahresfrist undenkbar erschien: erst durch die ungeschminkte Schilderung wird der Fall von (sexuellem) Machtmißbrauch eines geistlichen Führers in seiner Brutalität nachspürbar.

Die Lektüre der Schilderungen der Opfer gerät bis ins Unerträgliche: Von Umarmungen, Zungenküssen, von Berührungen der Genitalien durch den geistlichen Begleiter und Beichtvater, ja auch eindeutig von sexuellem Mißbrauch während der Beichte wird berichtet. Unappetitlich. Und leider doch vorstellbar.

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