Das #Christliche# am Abendland

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Man hat, auch weil der Autor des Diktums kürzlich den 80er begangen hat, Ernst-Wolfgang Böckenfördes Paradox wieder gern zitiert: Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebe von Voraussetzungen, #die er selbst nicht garantieren kann#. Zumal im katholischen Milieu führt man das geflügelte Wort des deutschen Rechtsphilosophen gern im Mund, um darauf hinzuweisen, dass auch der säkulare Staat mit einer im Zweifelsfall christlichen Grundierung ausgestattet ist. Verkürzt und wenig flott formuliert: Christen glauben an den Menschen als Bild Gottes und leiten daraus eine für alle Menschen gleiche Menschenwürde ab. Darauf fußt eben auch das #säkulare# Gesellschaftsideal, das #abendländische# zumal.

Thema Menschenwürde

Natürlich fällt auf, dass die meist selbst ernannten #Retter des Abendlandes# hier skizzierte Überlegungen nicht im Mund führen. Im Gegenteil: Man muss eigentlich gar nicht die etwa im Wiener Wahlkampf wieder zutage geförderten Positionen bemühen, um zu sehen, dass das #Christliche# am Abendland etwas ganz anderes ist als das, was # beispielsweise # Strache & Co behaupten.

Umgekehrt ist gleichzeitig zu beklagen, dass der rechte Populismus europaweit schrill, laut # und von Wahl zu Wahl erfolgreicher scheint, während eine christliche Gegenposition dazu, gelinde gesagt, verhalten erklingt. Das ist für die Perspektive der Gesellschaft sehr gefährlich.

Nochmals: Wer Böckenförde zustimmt, dass der Rechtsstaat seine Grundlagen nicht aus sich selbst garantieren kann, der muss ebendiese Grundlagen offenlegen und im öffentlichen Diskurs wieder und wieder einmahnen. Es ist zwar klar, dass eine pluralistische Gesellschaft auch auf andere als christliche Begründungen baut. Dennoch haben die Christen eine verdammte Pflicht, ihre Begründung von Menschenwürde und Gleichheit der Person nachhaltig einzubringen und sich damit glaubhaft zu positionieren. Man kann zurzeit kaum davon reden, dass dies den Christen im Lande nachhaltig gelingt.

Es reicht da nicht, Wahlkämpfe als #Zeiten fokussierter UnIntelligenz# (© Michael Häupl) abzutun und des Weiteren zu schweigen. Wenn es ans Eingemachte der Gesellschaft geht, dann ist # ob Wahl oder nicht, ob gelegen oder ungelegen # Auseinandersetzung und Klarstellung angesagt. Man kann sich den Zeitpunkt aufzustehen meist nicht aussuchen. Vielleicht gibt es hin und wieder einen falschen Zeitpunkt zu reden.

Falscher Zeitpunkt zu schweigen

Ganz sicher existiert aber ein falscher Zeitpunkt zu schweigen: Wenn # auch auf gesetzlicher Grundlage # die Menschenwürde und, wie Experten nachweisen: auch die Menschenrechte, verletzt werden, darf es kein Halten geben, dies anzuprangern.

Die Republik Österreich bringt bei Nacht und Nebel zwei achtjährige Mädchen mit ihrem Vater zuerst ins Gefängnis und dann # ohne die erkrankte Mutter # außer Landes. Es ist allgemein bekannt, dass solches Behördenvorgehen kein Einzelfall und durch die Gesetze gedeckt ist. Und dass es # ebenfalls kein Einzelfall # sich um #gut Integrierte# handelte, deren einziges #Verbrechen# ihre falsche Herkunft war.

Gegenständlicher Fall ist öffentlich geworden. An einer Causa wie dieser müssten die Christen im Land ein Exempel statuieren. Der lutherische Bischof Michael Bünker hat die Vorgänge als #Schande für Österreich# bezeichnet. Wenigstens ein Kirchenführer hat klare Worte in den Mund genommen. Man darf sich auch von den anderen Kirchenleitungen im Lande erwarten, nicht weiter zu warten. Die Christen und die Kirchen im Lande sind aufgefordert, ein Korrektiv zur herrschenden Politik # und wider den gesellschaftlichen # Mainstream zu bilden.

Wäre das Abendland christlich, dann dürften Fälle wie dieser nicht passieren. Und schon gar nicht gesetzlich legitimiert sein.

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