Das Erbe pflegen

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Kirchliche Kunst prägt seit Jahrhunderten unsere Identität. Wie viel kulturell ärmer wäre unser Land ohne ihre Botschaft in den vielen Sakralbauten.

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Kirchliche Kunst prägt seit Jahrhunderten unsere Identität. Wie viel kulturell ärmer wäre unser Land ohne ihre Botschaft in den vielen Sakralbauten.

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Die Kulturgüter der Kirche sind stärkster Ausdruck christlicher Tradition, die von unzähligen Generationen von Gläubigen gelebt worden ist. Sie sind Manifestationen der Zuwendung Gottes zu den Menschen, sowie des menschlichen Strebens zu Gott. Sie sind wesentlicher Teil des kulturellen Erbes der Menschheit. Kirche, Gesellschaft und Staat müssen sich ihrer großen Verantwortung für dieses kostbare Erbe bewusst sein, haben es zu erforschen, zu schützen und seine Bedeutung zur Geltung zu bringen und es künftigen Generationen weiterzugeben." (Charta der Villa Vigoni, Schreiben der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, 1994) Wie viel ärmer wäre unser Land ohne kirchliche Kunst. Haben nicht Vertreter der Kirche (Bischöfe, Äbte, Pfarrer) den Künstlern theologische Themen vorgegeben, und im Dialog mit ihnen sind daraus einzigartige Bauwerke mit kostbarer, hochwertiger künstlerischer Ausstattung entstanden, die bis heute unsere Kulturlandschaft prägen. Leistet nicht kirchliche Kunst für die Gesellschaft einen einzigartigen Dienst, indem sie durch die Wirksamkeit des Schönen in erfahrbarer Form den Bund zwischen Gott und den Menschen im Reichtum der geoffenbarten Botschaft zum Lobpreis Gottes übermittelt?

In der Erzdiözese Wien mit ihren drei Vikariaten sind circa 660 Kirchen beheimatet, zählen wir noch Filial- und Klosterkirchen dazu, sind es über tausend Sakralbauten. Dazu kommen noch Pfarrhöfe und Klöster mit künstlerisch wertvoller Substanz. In ganz Österreich gibt es an die 3.200 Pfarren, mit Filial- und Klosterkirchen sind das 4.500 Gotteshäuser.

So ist die Sorge der österreichischen Katholischen Kirche um die Erhaltung ihrer oft gefährdeten Kunstgüter sehr groß, wobei die finanziellen Möglichkeiten bei weitem nicht gegeben sind. Gerade in Zeiten der Globalisierung und des Wegfalls innereuropäischer Grenzen sind für uns Österreicher unsere Identität sowie die Wurzeln unserer Vergangenheit enorm wichtig. Unsere Kirchen sind das kulturelle Erbe aller Menschen der Region und nicht nur der Kirchgänger. Auch der Kirche Fernstehende und Andersgläubige erfreuen sich an der Schönheit der Kunstschätze und finden in den Gotteshäusern Ruhe und Geborgenheit. Diese Kulturgüter sollen die Menschen zur Begegnung mit der kirchlichen Vergangenheit führen und sie erleben lassen, wie die Kirchen im Lauf der Zeit verändert, erneuert und mit berühmten Kunstwerken ausgestattet wurden.

Unsere Aufgabe heute ist es, uns um die Erneuerung des Bewusstseins vor der Achtung dieser Kulturgüter in besonderer Weise zu bemühen und sie zu erhalten. Wichtig dafür ist zunächst die Bestandsaufnahme sowie die Inventarisierung aller beweglichen und unbeweglichen Kunstwerke in unseren Kirchen. Diese wird seit eineinhalb Jahren in der Erzdiözese Wien durchgeführt und soll in etwa acht Jahren alle Kunstschätze in den Pfarreien in Bild und Text erfassen.

Die Außenrenovierungen unserer Kirchen werden vom Bauamt der Erzdiözese Wien mit Zuschüssen aus den Kirchenbeitragseinnahmen durchgeführt. (Danke allen, die durch ihre Einzahlungen dies ermöglichen!) Dazu kommen die Beiträge der einzelnen Pfarrgemeinden, der politischen Gemeinden sowie des Bundes und der Länder. Dennoch reicht das Geld trotz dieser Finanzhilfen oft nicht aus, wenn ich nur an die ausstehende Fortsetzung der Außenrenovierung der Votivkirche oder an die historischen Gürtelkirchen in Wien denke.

Viele Kirchen benötigen dringend eine Innenrenovierung, die zum größten Teil die betreffenden Pfarrgemeinden selber tragen müssen. Als Diözesankonservatorin steht mir dafür jährlich lediglich ein Budget von ATS 650.000,- zur Verfügung. Hier die Bitte an Bund und Länder um mehr Unterstützung für die Erhaltung wertvoller Kulturgüter, denn gerade momentan habe ich große Sorge wegen des Rückgangs der staatlichen Subventionsmittel.

Weiters wäre die Suche nach Sponsoren für die Erhaltung unserer Kunstschätze sehr wichtig. Diese sind bei "Prestigeobjekten", wie etwa der Renovierung des Stephansdomes, leichter zu finden; der Verein "Rettet den Stephansdom" ist ein Beispiel dafür. Im Vergleich dazu hat es etwa der Verein der Förderer der Wallfahrtskirche Kleinmariazell viel schwerer. Was geschieht allerdings mit den vielen kleinen und dennoch bedeutsamen Kirchen auf dem Land, wo die Werbewirksamkeit bei weitem nicht so gegeben ist - auch hier bleibt die Frage: Wie kann man helfen? Private Initiativen sind hier gefordert und vor allem zu fördern.

Als Verantwortliche für die kirchlichen Kulturgüter der Erzdiözese Wien richte ich die große Bitte an Sie alle: Helfen Sie uns, das christlich-kulturelle Erbe auch für kommende Generationen zu bewahren und somit in ihrer ursprünglichen Funktion als Glaubensgut erhalten zu können!

Die Autorin ist Diözesankonservatorin der Erzdiözese Wien.

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