Der neue deutsche Innenminister Horst Seehofer sorgte in den letzten Tagen mit dem Statement "der Islam gehört nicht zu Deutschland" für viele kontroverse Diskussionen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Adressaten dieser Aussage nicht die Muslime an sich sind, sondern die Wählerschaft, die man an das rechte Lager verloren hat.
Allerdings ist diese Aussage, so banal sie klingen mag, ein falsches Signal an die Gesellschaft. Denn in den letzten Jahren hat sich das Klima durch die Flüchtlinge, die überwiegend aus islamischen Ländern nach Europa kamen, und durch die vermehrten Terroranschläge im Namen des Islams stark angespannt. Gerade in diesem Kontext wäre es sinnvoll, andere Signale an die Gesellschaft zu senden, Signale in Richtung Einheit, in Richtung konstruktives Zusammenleben oder in Richtung eines differenzierten Blicks auf den Islam. Die erneut aufgeworfene Frage, welche Religion zu uns gehört und welche nicht, polarisiert unsere Gesellschaft weiterhin und konstruiert Feindbilder, die jedoch keine sind. Nicht der Islam ist der Feind, sondern jegliche menschenfeindlichen Ideologien sind unser aller Feind.
Auf der anderen Seite müssen sich Muslime selbst fragen, ob Europa zum Islam gehört. Gehört zum Beispiel die Demokratie zum Islam? Gehören Menschenrechte, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Freiheit, Meinungsfreiheit, Anerkennung von Vielfalt, auch von religiöser Vielfalt, usw. zum Islam? Schnell werden wir feststellen, dass es Auslegungen des Islams gibt, wie der Salafismus oder der politische Islam, die diese Werte nicht bedingungslos anerkennen. Diese gehören genauso wenig zu Europa wie auch rechts-oder linksextremistische Ideologien. Die Frage, wer zu Europa gehört oder nicht, ist nicht von der Frage zu trennen: Wer bekennt sich zu den demokratischen Grundwerten sowie zu den Menschenrechten und zur Pluralität und wer nicht?
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