Das freundliche Gesicht des Iran

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Zuerst übertönt die iranische Hymne, dann Österreichs "Land der Berge" für ein paar Minuten die Protestrufe der Exil-Iraner, die sich am nahen Heldenplatz mit einem Meer aus Fahnen und Transparenten um das Reiterdenkmal von Erzherzog Karl scharen. Als die Blasmusik jedoch verstummt und Bundespräsident Thomas Klestil mit seinem Gast, dem iranischen Staatspräsidenten Seyed Mohammad Khatami, die Ehrenformation abschreitet, sind die Rufe wieder deutlich zu hören: "Khatami ist ein Terrorist" wechselt mit "Khatami - Raus aus Österreich!" ab. Die beiden Präsidenten lassen sich davon nicht irritieren. Klestil mit gewohnt staatstragendem Gesichtsausdruck, Khatami, die Mundwinkel immer ein wenig nach oben gezogen, gütig, ein wenig verschmitzt lächelnd - das freundliche Gesicht des Iran.

Der "Alibi-Mullah" schimpfen ihn lautstark die Exil-Iraner auf dem Heldenplatz. Genauso fanatisch wie der Rest des fundamentalistisch-diktatorischen Regimes soll Khatami sein, wettert ein Oppositioneller. Jahrzehntelang sei Khatami Vertrauter von Revolutionsführer Khomenei gewesen, schreit er weiter, und wer Khatami unterstütze, unterstütze die Unterdrückung im Iran.

Bundespräsident und Staatspräsident hingegen interpretieren ihr Treffen als Fortsetzung des Dialogs der Religionen und Kulturen und US-Präsident Bushs "Achse des Bösen"-Vorwurf weist Klestil in seinem, in Österreichs und im EU-Namen zurück. Khatami lächelt kurz nicht mehr. "Hässliche Worte", sagt er und fragt: "Wer präsentiert hier das Böse? Die, die Drohungen gegen alle aussprechen, die nicht auf ihrer Linie sind oder jene, die für den Dialog eintreten?" Nur schade, dass die Fenster geschlossen sind. Die Exil-Iraner am Heldenplatz können die Frage ihres verhassten Präsidenten nicht hören und sein Dialog-Angebot auch nicht. Oder hat das für die iranische Opposition etwa nicht gegolten? WM

WM

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