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Das LThK: Vom Drama der Theologie
Nun ist auch der fünfte Band der Dritten Auflage des Lexikons für Theologie und Kirche (LThK) erschienen. Die Edition soll zur Jahrtausendwende abgeschlossen sein. Ein Anlaß, Halbzeitbilanz zu ziehen. Was erwarten sich Benutzer eines zehnbändigen Nachschlagewerks mit insgesamt mehr als 15.000 Spalten? Welche Aufgaben hat die Theologie in einer Epoche pluralistischer Religiosität und verdunstender Kirchlichkeit? Wer kann heute noch aus der Informationsflut, und auf dem Büchermarkt auch nur sinnvoll, geschweige denn vollständig, auswählen?
„Ist das LThK noch zu retten?" fragt der Schweizer Edmund Arens in der Zeitschrift „Orientierung". Seine massive Kritik richtet sich vor allem auf den mangelnden Diskurs sowie die nur sporadische Einbeziehung nichtdeutscher Beiträge. Die Herausgeber (unter der Federführung des ehemaligen Dogmatikprofessors und nunmehrigen Bischofs Walter Kasper) würden ein Kirchenbild vermitteln, das nurum sich selbst kreist. „Ka-tholizität" vermißt er in vielen grundlegenden Beiträgen.
Wer sich vom LThK eine Summe der. weltweiten aktuellen, katholischen (oder christlichen) Theologien erwartet, wird sich der Kritik nicht ganz verschließen können: Internationale Beiträge sind die Ausnahme. Und auf dem .lahrmarkt der Eitelkeiten kommt es auch hier vor, daß so mancher Weniger bekannte Autor aus dem Freundes- oder Kollegenkreis der Herausgeber stammt, während berühmte Namen fehlen (auf deren -auch nur exemplarische - Nennung sei hier verständlicherweise verzichtet). Bechtfertigt dies aber den Vorwurf: „Eher teutonisch provinziell als weltkirchlich universell"? Ist ein Nachschlagewerk der geeignete Platz für ausführliche kontroversielle Diskussionen? Sind klare Definitionen, Sachverhaltsdarstellungen und Grundpositionen an sich schon dog-matistische Engführungen?
Die Inhalte auch des fünften Bandes lassen die dramatische Fragestellung in der „Orientierung" zumindest stark übertrieben aussehen. Das LThK weiß sich dem zweiten Vatika-num (samt seinen uneingelösten Perspektiven!), der historisch-kritischen Exegese, der multikulturellen Situati -on der Gegenwart, den modernen ethischen Fragestellungen und den gesellschaftspolitischen Dimensionen der Gottesfrage verpflichtet. Immer wieder setzen sich die Autoren mit ge genteiligen Meinungen auseinander und fördern und fordern damit den weitergehenden Diskurs.
Stichwörter wie Herrschaft Gottes, Himmel/Hölle oder Inspiration implizieren die von Karl Bahner so genannte „intellektuelle Bedlichkeit" des christlichen Glaubens. Biblische Eintragungen wie Jesaja, Ijob, Jesus Christus, Johannes zeigen eine gelungene Auswahl aus der bibliographi-, sehen Flut. Hinduismus, Interkulturelle Theologie, Islam oder Juden beweisen nicht nur die Dialogfähigkeit des katholischen Christentums, sondern fordern auch die jeweiligen Partner dazu heraus. Homosexualität, Humor, Inflation, In-vitro-Fertilisation oder Jazz zeigen nicht nur, daß es der Theologie auch um „weltliche" Dinge gehen muß, sondern auch, daß sie dazu unverzichtbare Beiträge leistet. Dabei wird der Bewußtseinswandel gegenüber der Zweiten Auflage besonders deutlich. Lediglich die Länderartikel (Indien, Irak, Japan oder Kanada) versprechen mehr als sie halten - kirchliche Statistiken bleiben da die Hauptinhalte.
Das 1 >ThK stellt auch in seiner dritten Auflage keinen Absolutheitsan-spruch, markiert aber wie die Vorgänger einen Meilenstein in der Entwicklung der Theologie. Es ist ein unverzichtbares Werkzeug nicht nur für den professionellen Theologen. Daß gelehrte Bücher und akademische Katheder nicht der wichtigste Ort sind, an dem Menschen von oder zu Gott sprechen, darf als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
LEXIKON FÜR THEOLOGIE UND KIR-| CHE. BAND V. HERMENEUTIK BIS KIRCHEN GEMEINSCHAFT
Hg. falter Kasper. Verlag Herder, Freiburg/B. 1996. 772 Seilen, Ln., öS2774,-
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