Den europäischen Traum gibt es nicht

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Über IHN ist in den letzten Wochen alles gesagt worden: über seine Persönlichkeit und sein Charisma, über seine Familie und seine Berater. Die Notwendigkeit, die messianischen Erwartungen in Amerika und auf der ganzen Welt auf die Ebene des Machbaren herunterzubringen, ist angemessen thematisiert worden. Es gibt kein anderes politisches Ereignis auf der Welt, welches derart bewegt, auch in Österreich. Warum diese Austro-Obamania?

Die USA sind - ohne Zweifel - wichtig. Aber das gilt auch für Europa, eine Wirtschaftsmacht von gleicher Potenz. Man stelle sich vor, die Wahl eines EU-Kommissionsvorsitzenden würde in den österreichischen Gemeinden mit Partys und Public Viewing gefeiert, und viele würden vor den Bildschirmen die Inaugurationsrituale verfolgen. Unvorstellbar.

Natürlich wissen auch die Österreicher, dass sie - trotz Europa - Teil des amerikanischen Imperiums sind, es also in gewissem Sinne auch um ihr eigenes Staatsoberhaupt geht: lieber die USA als ein chinesisches Imperium. Aber Amerika hat darüber hinaus auch "soft power". Es ist attraktiv. Es hat Flair. Jeder kennt die Filme, die Bilder aus New York und San Francisco, aus Hollywood und Las Vegas. Wer Wissenschaft betreiben will, geht auf eine amerikanische Universität. Der amerikanische Traum, zum Großteil eine Illusion, lebt. Den europäischen Traum gibt es noch nicht.

Es ist wohl auch der Kontrast zum eigenen politischen Leben. Obama signalisiert Kompetenz, auch den Österreichern, im Unterschied zu ihrer eigenen Regierung. Dort werden Konzepte entwickelt, hier verheddert man sich in Rücksichten und lamentiert über Befindlichkeiten. Es ist eine andere Liga, in der gespielt wird, nicht nur wegen des Machtpotentials, auch wegen der Personen. Obama ist freundlich, visionär, intellektuell und pragmatisch. Die österreichische Regierung ist freundlich.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz

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