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Den Leprakranken kann man heute gut helfen

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Seit 30 Jahren sind zwei österreichische Krankenschwestern in Korea sehr erfolgreich im Kampf gegen die Lepra.

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Seit 30 Jahren sind zwei österreichische Krankenschwestern in Korea sehr erfolgreich im Kampf gegen die Lepra.

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Die Geschichte der vier Quadratkilometer großen Aussätzigeninsel Sorokdo ist zugleich die Geschichte der modernen Leprabekämpfung. Lebten bei der Ankunft der beiden Schwestern über 3.000 leprakranke Männer, Frauen und Kinder auf Sorokdo, so sind es heute noch 1.200. Und von Jahr zu Jahr werden es weniger.

In der modernen Lepramedizin geht es darum, die Kranken möglichst früh zu erfassen und sofort mit der Behandlung zu beginnen. Dank der Medikamentenkombinations-Therapie mit Rifampicin, Clofazimin und anderen sind dann die Heilungschancen am größten. In sechs Monaten bis zwei Jahren kann man damit rechnen, von der Lepra befreit zu sein. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft des Patienten und seiner Familie, die Behandlung möglichst früh zu beginnen und auch durchzuhalten.

Eine weitere Sorge für die Familien bestellt in der Finanzierung der Behandlung. Da es sich generell um Menschen der armen und ärmsten Bevölkerungsschicht handelt, sind schon die Kosten für die Medikamente (zirka 500 Schilling für Kinder, 2.000 Schilling für erwachsene Leprapatienten) ein Problem. Und diese Kranken fallen meist auch durch das Sozialnetz des „Tiger- Staates“ Südkorea.

Als Schwester Margit und Schwester Marianne vor 32 Jahren auf die Leprainsel Sorokdo kamen, fanden sie nur einen Arzt und eine Ordensfrau aus Belgien vor, die mit Zustimmung der Regierung und des Insel-Direktors ihr Bestes für die 3.000 Patienten taten. Sie wurden von einem „Heer“ von Beamten (80 Familien) verwaltet, die für die Ordnung auf der Insel And die Verteilung der von der Regierung zur Verfügung gestellten Nahrungsmittel für die Patienten sorgten.

First der mutige und furchtlose Einsatz der Schwestern trug dazu bei, die Vorurteile gegen Lepra zu überwinden, Ärzte für die Behandlung der Akutpatienten zu gewinnen, die Insel Verwaltung und die übrigen Behörden zur Einrichtung einer Krankenpflegeschule zu bewegen.

Erst mit den Jahren konnte ein Stab von Fachleuten mit ständiger

Dienstanwesenheit bei den Kranken aufgebaut werden.

Heute besteht Sorokdo aus sieben Dörfern, in denen die Kranken wohnen und auf den Reisfeldern und mit Tierzucht zu ihrem Lebensunterhalt beitragen. Zu ihrer regelmäßigen Kontrolle und Pflege ist in jedem Dorf ein eigenes Verbandszimmer eingerichtet. Zentrum der Insel ist das 1987 erneuerte Krankenhaus, an dem Fachärzte fast aller Disziplinen tätig sind. Eine Reihe von innen leistet hier den Zivildienst ab. Den Ärzten zur Seite stehen 30 Diplom- und 80 Hilfsschwestern sowie 25 Pflegeschülerinnen, die an der eigenen Pflegeschule ausgebildet werden. Für pflegebedürftige Kranke besteht ein Altersheim mit 200 Plätzen und ein Blindenheim.

Tatsächlich sind bereits 70 Prozent der Einwohner Sorokdos übtr 70 Jahre alt, darunter Späterblindete, Verwirrte und Pflegefälle. Patienten, die jünger sind und geheilt wurden, wandern auf das Festland aus, um sich dort eine eigene Existenz aufzubauen. Der Staat hilft ihnen dabei mit einem Stück Land, und die Schwestern von Sorokdo versorgen sie weiterhin mit Medikamenten und anderen Dingen. Doch noch immer bestehen starke Vorurteile und Ängste gegenüber Leprakranken. Jahrtausende alte Tabus und Ängste lassen sich nur durch lange, geduldige Aufklärungsarbeit und Gesundheitserziehung abbauen. So werden ehemalige Leprakranke nur ganz selten wieder von der eigenen Familie aufgenommen, und kaum ein Kind eines Leprakranken, auch nicht eines Geheilten, kann in eine andere Familie einheiraten.

Der jahrzehntelange Einsatz der beiden Tiroler Krankenschwestern für die Aussätzigen auf der Leprainsel Sorokdo war nur möglich dank der regelmäßigen Unterstützung aus der Heimat, vor allem von Seiten der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Diese Hilfe wird auch weiterhin notwendig sein. Was brauchen die beiden Schwestern für ihre Patienten am dringendsten? ■ Medikamente gegen die Lepra. Sie sind für die meist mittellosen

Kranken teuer, müssen aber über Jahre hinweg eingenommen werden. Die Medikamente zur Heilbehandlung eines Leprakranken kosten bis zu 2.000 Schilling.

H Prothesen und Heilmittel. Viele Leprakranke sind gelähmt, haben verstümmelte Hände oder Füße oder sind erblindet — böse Folgen der Lepra. Prothesen können zwar in den eigenen Werkstätten hergestellt werden, doch fehlt es an Geld für die Materialbeschaffung. Und wo Prothesen nicht mehr helfen, richtet sich alle Hoffnung auf einen Rollstuhl. 15 Rollstühle werden dringend gebraucht. Einer kostet umgerechnet 5.000 Schilling - für die Kranken und deren Familie eine un- Seheuer große Summe.

I Milchpulver. Die starken Lepramedikamente sind eine große Belastung für die Magenschleimhaut. Zum Ausgleich, aber auch zur Vorbeugung müssen die Patienten viel Milch trinken. Außerdem sind vor allem ältere Kranke wegen der Lähmungserscheinungen im Gesicht auf weiche Nahrung angewiesen. So besteht ein großer Bedarf an Milchpulver. Das kostet für ungefähr 600 Patienten pro Tag 900 Schilling. Monat für Monat sind das 28.000 Schilling - allein für Milchpulver!

Lepra - die uralte Geißel der Menschheit. Doch wo geholfen wird, verliert sie ihren Schrecken.

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