Der geschwisterliche Besucher

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Das Bewundernswerte an Kardinal König sei seine Fähigkeit gewesen, die Zeichen der Zeit im voraus zu erkennen und entsprechende Weichen zu stellen. Dies erklärte Bartholomaios I., Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, zum Abschluss seines fünftägigen Besuches. Das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie war nach Wien und Mariazell gekommen, um am 3. Todestag des großen Mannes der österreichischen Kirche den Kardinal-König-Preis entgegenzunehmen. Der Preis bestätige ihn in seinem Engagement "zum Dialog zwischen den christlichen Kirchen, zur Versöhnung zwischen den Konfessionen, Religionen und Kulturen und zur Bewahrung der Schöpfung", so Bartholomaios weiter.

Heinz Nußbaumer, Furche-Herausgeber und Vizepräsident der Stiftung "Communio et Progressio", die den Kardinal-König-Preis vergibt, wies in seiner Laudatio auf das enge Verhältnis zwischen dem Patriarchen und dem verstorbenen Kirchenmann hin: Noch fast 96-jährig sei König nach Budapest aufgebrochen, um den Patriarchen anlässlich der Überreichung der höchsten ungarischen Auszeichnung zu würdigen. Kardinal König habe, so Nußbaumer, in Bartholomaios einen Bruder gefunden: "einen Bruder im Glauben, in der Sehnsucht nach Einheit - und in der Liebe zu Gott und zu den Menschen."

Dass Bartholomaios I. "machtpolitisch" im Abseits steht - der Ehrenprimat der Orthodoxie ist kaum mit jurisdiktionellen Vollmachten verbunden, und in der Türkei sind gerade noch 2000 Gläubige verblieben, weswegen ihn der türkische Staat am liebesten als "Oberpfarrer" der letzten "Griechen" im Lande behandeln würde -, wurde durch den "großen Bahnhof", der dem Kirchenführer während seines Österreich-Aufenthalts bereitet wurde, kontrastiert. Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler, Außenministerin waren die politischen Gesprächspartner. Und alle katholischen Bischöfe Österreichs hatten sich unter der Leitung von Kardinal Schönborn und dem Grazer Bischof Egon Kapellari, der auch Präsident von "Communio et Progressio" ist im Stephansdom versammelt, um den prominenten Preisträger zu ehren. Auch Kardinal Schönborn würdigte den Besuch des Patriarchen als "ergreifendes Zeichen der Geschwisterlichkeit".

Auch abseits der großen Begegnungen hinterließ Bartholomaios I. kleine Spuren der Wertschätzung: Er besuchte Mariazell - als Reverenz gegenüber Kardinal König, für den der Marienwallfahrtsort große Bedeutung hatte, und erinnerte sich dort an seinen ersten Besuch als junger Archimandrit vor 35 Jahren. Der Patriarch bezeichnete dabei Maria als "feste Brücke" zwischen Katholizismus und Orthodoxie. Bartholmaios besuchte als Auftakt von dessen 50-Jahr-Jubiläum auch das SOS-Kinderdorf Hinterbrühl.

Dass es zwischen dem türkischen Staat und dem Ökumenischen Patriarchat Konflikte gibt, sprach Bartholomaios während eines Abendessen beim türkischen Bot-schafter ins Wien an. Der Patriarch beklagte da einmal mehr, dass der türkische Staat die Wiedereröffnung der theologischen Hochschule auf der Insel Chalki nach wie vor verwehre. Im Grunde sei aber die Freiheit der Religionsausübung in der Türkei gesichert. "Wir haben Probleme, aber auch Hoffnung", so Bartholomaios' Resümee über die Lage der Orthodoxen in seiner Heimat. ofri

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