Der großväterliche Freund

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59 furche-Jahre lang war Kardinal König Leser, Autor und freundschaftlicher Begleiter dieser Zeitung.

Franz König 1905 - 2004

Kardinal

Die Furche habe ihn "ein Leben lang" begleitet. Mit solchen Worten Kardinal Königs warb die Furche noch im Jahr 2004: Keine Übertreibung, denn die Beziehung zwischen dem großen Mann der österreichischen Nachkriegskirche und dieser Zeitung währte tatsächlich von den Anfängen bis zu Königs Tod am 13. März 2004. Schon vom März 1946 datiert der erste Furche-Artikel des Theologiedozenten Franz König über die - christliche - Bedeutung des Alten Testaments, das die Nationalsozialisten als "jüdisches Buch" in den Schmutz gezogen hatten (siehe oben). 1952, zum ersten Nachkriegs-Katholikentag, findet sich der erste Artikel des frischgebackenen Bischof-Koadjutors von St. Pölten, die späteren Beiträge, Interviews, Vorträge des Kardinals sind gar nicht aufzählbar: Zu jeder relevanten Frage und Entwicklung gab es bis zuletzt König'sche Wortmeldungen.

Zwischen dem Kardinal und der Furche bestand somit eine große Verbundenheit, die sich in seinen letzten Lebensjahren zu einer Art großväterlichen Freundschaft entwickelte. Bis unmittelbar vor seinem Tod kam es vor, dass der Redakteur, nachdem er den Hörer des läutenden Telefons abgenommen hatte, am anderen Ende der Leitung den Kardinal ausmachte. Ein Furche-Artikel, der König gefallen hatte, oder der ihn auf eine Idee brachte, war dann oft das Gesprächsthema. Vor Weihnachten 2003 rief er an, weil er in der Furche eine Würdigung des Jesuitentheologen Jacques Dupuis veröffentlichen wollte, dessen Forschungen zur Theologie der Religionen unter starkem Beschuss der Glaubenskongregation standen. Dies sollte der letzte Beitrag Königs in der Furche werden.

Der Kirchenfürst konnte im hohen Alter auch zornig werden über die Rückschritte der römischen Zentrale in punkto Weltoffenheit und Dialog - und er nutzte auch diese Zeitung für diesbezügliche Artikulierung: Zu Ostern 2001 meldete König zeitgleich in Furche und seinem englischen Leibblatt The Tablet öffentlich Protest wider das Glaubenskongregationsverfahren gegen P. Dupuis an (s. o.).

Königs Furche-Beiträge seiner letzten Lebensjahre - nicht zuletzt große Interviews - drehten sich um seine Lieblingsfragen und -themen, die er nimmermüde aufs Tapet brachte: das Konzil, das er gegen den kirchlichen Zeitgeist (der ihm sehr wohl bewusst war) vehement verteidigte, Europa und seine Einigung, das Gespräch der Religionen und der Wissenschaften - und immer mehr die letzten Fragen menschlicher Existenz. "Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? [...] Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?" Diese Fragen - formuliert in der Konzilserklärung Nostra Aetate über die nichtchristlichen Religionen - hat König wieder und wieder zitiert und sich zueigen gemacht.

Religiöses Wesen Mensch

In diesen letzten Jahren meinte er wiederholt, was ihn noch wirklich interessiere, sei die Frage, ob Religion zum Menschen gehöre, ob der Mensch ein "religiöses Wesen" sei. Diese Frage verdichtete sich: Im November 2001 etwa, als die Furche mit König über die notwendige "Europäisierung Europas" sprach, kam diese Frage bei der Diskussion um die eu-Verfassung mit oder ohne Gott aufs Tapet. "Religion gehört ja zum Wesen des Menschen", so König damals: "Und ich kann nicht in einer Verfassung, wo es letztlich um den Menschen geht, das einfach ausklammern."

Es mag mehr als ein Zufall sein, dass das allerletzte Interview, das Kardinal König vor seinem Tod gegeben hat, am 26. Februar 2004 in der Furche erschienen ist. Das Interview handelte von "seinem" Konzilstheologen Karl Rahner - und gestaltete sich zur Tour d'horizon durch den Geist des Konzils und durch Königs Weltanschauung, die eben durch das Erlebnis Konzil so geprägt ist. Dieses letzte Gespräch, dass in völliger geistiger Frische und Wachheit stattfand, stellt für die Furche das Vermächtnis des Kardinals dar - und den Auftrag, "weiter in Königs Weite" (so der Furche-Leitartikel nach dem Begräbnis Königs) zu wirken.

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