Der Papst in Konstantinopel

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Der Mann kommt aus dem ersten Rom und fährt in das "zweite Rom". Und als einer seiner Vorgänger vor Jahrhunderten zur Befreiung des Heiligen Landes von den Ungläubigen aufrief, machten die Anhänger des ersten Roms im zweiten Rom Zwischenstation und massakrierten ihre dort wohnenden Glaubensbrüder.

Byzanz - besser: Konstantinopel - war es, von dem vor allem die Christianisierung der Slawen ausgegangen ist. Es war ein gewaltiges Zentrum der Christenheit, trotz aller Makel ein Hort der Spiritualität. Es gibt kaum einen symbolträchtigeren Besuch als den des Papstes in Istanbul, das die Türken keinesfalls Konstantinopel nennen wollen (und dabei übersehen, dass auch Istanbul ein griechischer Name ist: "in der Stadt").

Das Verhältnis zwischen Islam und Christentum ist gespannt und wird noch gespannter werden. Der Islam reklamiert Jesus als einen seiner Propheten und nennt die Entstehung des Christentums eine Fehlinterpretation Jesu. Das Christentum kritisiert die dem Islam seit seiner Geburt innewohnende Gewalt und sieht Mohammed nicht als Boten Gottes. Der Islam fühlt sich provoziert, wenn Christen in der Hagia Sophia, der ehemals größten christlichen Kirche, das Kreuzzeichen machen, und junge Türken kündigen oft unverhohlen an, sie würden in ein paar Generationen aufgrund der Demografie Europa "übernehmen". Der niederländische Justizminister erklärt, wenn Muslime dereinst die Mehrheit hätten und die Scharia demokratisch einführen wollten, würde man es akzeptieren ...

Wenn Europa nicht - geistig! - "aufrüstet", wird es, wohlstandssatt, orientierungslos und müde, die Auseinandersetzung gegen einen dynamischen, motivierten und ungehemmten Islam verlieren. Es wird weiter bestehen, aber in einer völlig anderen Form: ganz Europa als museale Hagia Sophia ...

Der Autor ist freier Publizist.

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