Der Zauber des Orients

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Syrien und Libanon: Umschlagplätze von Kulturen und Ideen. Auf den Spuren des Apostels Paulus wandeln.

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Syrien und Libanon: Umschlagplätze von Kulturen und Ideen. Auf den Spuren des Apostels Paulus wandeln.

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Der Zauber von tausend-und-einer-Nacht überstrahlt auch die Zeit und das Land des Hafiz al Assad. Syrien ist brodelnder Orient, landschaftliche Vielfalt und unerschöpfliche Geschichte: die Moscheen und Basare, die hohen Berge des Antilibanon, die endlose Wüste, die Palmen und Säulen und Palmyra, erstaunliche Reste byzantinischer Kirchen und Klöster im ehemaligen Hinterland von Antiochien, Spuren viertausend Jahre alter Zivilisationen, das blaue Mittelmeer und wie aus dem Märchenbuch die wohl großartigste Kreuzfahrerburg Krak des Chevaliers, im Libanon der gigantische Tempel von Baalbek und das im Bürgerkrieg zerschossene Beirut im Fieberrausch des Wiederaufbaus. Altorientalische Kulturen, Phönizier, Perser und Griechen, Römerreich und Christentum, Kalifen, Kreuzfahrer und Türken haben diesen Raum geprägt, zuletzt auch noch Franzosen und Engländer, die aus der Konkursmasse des türkischen Reichs die heutigen Staaten herausgeschnitten haben. Zur römischen Provinz Syrien gehörten freilich einst auch Antiochien als Hauptstadt und die Gebiete der Südosttürkei, des Libanon und zeitweise Israels und Jordaniens.

Syrien war stets Umschlagplatz der Kulturen und Ideen. Am Weg nach Damaskus hat Paulus sich bekehrt. Sein Sinneswandel hat der Weltgeschichte den Weg gewiesen. In der engen Altstadt der Millionenmetropole scheint die Zeit still zu stehen. Hier befindet sich noch die Gerade Straße, in der Paulus Quartier bezogen hat und das Haus des Ananias. Die gewaltige Omajjadenmoschee hütet die Kulttradition von drei Jahrtausenden. Ganz in der Nähe, jeweils nur durch wenige Gassen getrennt, residieren in ökumenischem Frieden drei der fünf konkurrierenden Patriarchen von Antiochien. Im Nationalmuseum überraschen die herrlichen Wandmalereien der Synagoge von Dura Europos aus dem dritten Jahrhundert mit lebensgroßen Szenen aus dem Alten Testament.

In dieselbe Zeit gehört auch die märchenhafte Oasenstadt Palmyra. Niemand kann die schimmernden Säulenalleen von rosa Marmor im Licht der aufgehenden Sonne je vergessen. Sie erzählen vom Aufstieg und Fall der Königin Zenobia. Verschwunden sind das orientalische Treiben und die bunten Karawanen. Aber der Einkauf von Datteln verschiedenster Sorten oder das Feilschen um einen schönen Teppich lohnt noch immer. Bei Hama am Orontes beeindruckten die schon in der Antike bezeugten riesigen Heberäder zur Bewässerung. Aleppo ist wohl die orientalischste Stadt Syriens mit dem ursprünglichsten Bazar, dem kegelförmigen Zitadellenberg mitten in der Stadt. Weiter gegen die türkische Grenze leuchtet das frühchristliche Heiligtum Simeons des Säulenstehers. Von Ugarit zeugt nur mehr archäologisches Steingewirr. Vor dreitausend Jahren entstand hier das erste Alphabet, von dem letztlich auch unseres abgeleitet ist. Erstaunlich ist die Bauleistung der Kreuzritter. Und Maalula in den Bergen des Antilibanon ist bekannt wegen des aramäischen Dialekts, der dort noch gesprochen wird. Die bezaubernde Äbtissin des orthodoxen Theklaklosters erweist sich als Schwester des syrischen Botschafters in Wien.

Die arabische Kochkunst kann man in ihrer verfeinertsten Form im Libanon genießen. Rätselhaft bleibt, wie die riesigen Steinblöcke des Tempels von Baalbek bewegt wurden. Schließlich läßt der traumhafte Blick von Harissa am Abhang des Libanon auf das lebensprühende Beirut und über das weite Meer alle Fragen vergessen.

Warum hier noch vor wenigen Jahren geschossen wurde, wissen nicht einmal die Einheimischen.

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