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Ein Konservativer wird auch aus dem kommenden Konklave als Papst hervorgehen. Man darf dennoch hoffen, dass diesmal ein "Hörender", weniger ein "Verkünder" auf dem Stuhl Petri Platz nimmt.

Er wird sehr konservativ sein. Er wird sehr alt sein. - Jede nüchterne Analyse abseits der aufgeregten Mutmaßungen der Vatikankenner aus aller Welt, die zur Zeit wie Schwammerl aus dem Boden schießen, zeigt: Das Kardinalskollegium setzt sich mit wenigen Ausnahmen aus Personen zusammen, die sich in Moralfragen und den innerkirchlichen "heißen Eisen" ganz auf der Linie des verstorbenen Papstes befinden. Johannes Paul II. hat schon dafür gesorgt, dass die Kardinäle in ihrer großen Mehrheit diesbezügliche Parteigänger sind.

Von der Papierform her zeigt sich das Konklave also so, dass eine kirchenpolitische Überraschung unwahrscheinlich scheint. Doch was sind schon Wahrscheinlichkeiten bei der Kür eines Papstes? Ein Blick auf jüngere Papstwahlen zeigt ja: Favoriten (Pius XII., Paul VI.) kamen ebenso zum Zug wie kaum Genannte (Johannes XXIII., Johannes Paul II.), und oft geschriebene Sprüche wie: "Wer als Papst ins Konklave zieht, kommt als Kardinal wieder heraus", lassen sich anhand der Fakten nicht verifizieren.

Das Papst-Ratespiel ist voll im Gang, über die Richtungsentscheidung dahinter kann man schon viel weniger hören und lesen, und wie begrenzt - wegen der Zusammensetzung dieses Konklaves - die inhaltlich mögliche Bandbreite dabei ist, geht im weltweiten Namedropping noch mehr unter.

Dennoch gibt es Positionierungen, auf die man im neuen Pontifikat hoffen sollte. Denn die Ära Johannes Pauls II. hinterlässt dem Nachfolger einiges an Arbeit, nicht zuletzt die Notwendigkeit offener Diskussion des inneren Zustands der katholischen Kirche.

Hinter der großen Weltumarmung, die Johannes Paul II. auch im Tod noch so eindrucksvoll und einmalig ausstrahlte, steht - im Blick auf seine Kirche - eine "monologische" Amtsauffassung: Dieser Papst, der nach außen hin mit den Wissenschaften oder den anderen Konfessionen und Religionen auf Gespräch und auf große Gesten setzte, blieb im Inneren ein Verkünder seiner Botschaft, kein Zuhörender.

Genau letzteres Charisma aber wäre die zentrale Herausforderung für den Neuen, den die Kardinäle aus ihrer Mitte küren werden. Was die katholische Weltkirche vor allem benötigt, ist eine neue, glaubwürdige Öffnung auf das Prinzip des Dialogs hin: nach dem Weltkommunikator also ein Hörender, einer, der die Parteiungen und Polarisierungen in der Kirche wahrnimmt und in ein fruchtbares Gespräch bringt!?

Die drängenden inneren Fragen sind in der Kirche nicht überall gleich. Man wünscht sich dennoch einen Pontifex, einen "Brückenbauer" im Wortsinn, der sich dem Totschlagargument konservativer Kirchenmänner, die "europäischen" Probleme des Priestermangels oder der wiederverheirateten Geschiedenen oder einer auch in den Strukturen sichtbaren Präsenz von Frauen seien anderswo in der Welt irrelevant, verweigert, und der gerade da das Gespräch sucht. In Asien oder Afrika stehen bekanntlich andere kontroversielle Fragen - etwa die Inkulturation des Christentums - auf der Tagesordnung, über die ebenfalls ein Dialog geboten wäre.

Die Instrumente für den Dialog müssten nicht einmal erfunden werden, die Bischofssynoden etwa, die obige Fragen längst zaghaft thematisierten, wurden in den letzten Jahren immer mehr zu Ritualen ohne wirkliches Gespräch und ohne Relevanz. Mehr Kollegialität statt Monokratie, eine behutsame Regionalisierung bei der Lösung innerkirchlicher Problemstellungen: Das könnten Zukunftsszenarien sein, ebenso dass die katholische Kirche ein Grundprinzip ihrer Soziallehre endlich auch auf sich selbst anwendet, nämlich die Subsidiarität - dass also die Entscheidungen auf der niedrigstmöglichen Ebene belassen werden und nicht von einer römischen Überkirche gefällt werden, die in ihrer heutigen Gestalt einen kirchenhistorischen Extremfall darstellt.

Es wäre absurd zu glauben, der nächste Papst könnte ein Vorwärtsstürmer in diese Richtung sein. Aber auf einen glaubwürdigen Vorsatz zum Dialog darf man doch hoffen. Man musste zuletzt ja registrieren, dass die Weltmedien - ob rechts oder links - dem verstorbenen Papst seinen "Widerstand gegen den Zeitgeist" hoch anrechneten. Vielleicht könnte sich aber der Nachfolger auf eine andere, einst ebenfalls unisono bejubelte Kirchentugend besinnen, nämlich die "Zeichen der Zeit erkennen", wie es bekanntlich das II. Vatikanum gefordert hat.

otto.friedrich@furche.at

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