Die Jugend in Österreich hat keine Lobby. Noch nicht, wenn es nach dem Willen der am letzten Nationalfeiertag in Salzburg versammelten Kirchenjugend geht. Erster Schritt: Sammlung. Die an vielen kirchlichen Orten vorhandenen kleinen Rinnsale sollen in einem starken Strom einmünden: voran die Katholische Jugend Österreichs mit ihrer dynamischen Leitung, Jugendoasen von Orden, andere Initiativen wie die Weizer Pfingstvision. Diese Sammlungsbewegung fordert die Jugend in den neueren geistlichen Bewegungen: die Focolarbewegung hat die Zeichen der Zeit verstanden, andere Bewegungen bisher noch nicht. Die Sammlung läuft ökumenisch sowie international, wobei vorab an die Kirchenjugendlichen aus den ost(mittel)europäischen Nachbarländern gedacht ist.
Eine so erstarkende Kirchenjugend steht vor zwei großen Aufgaben. Gesellschaftlich gilt das Interesse den Erwachsenen und den Alten. Wenn sich künftig die Kirchenjugend hin und wieder österreichweit sammelt, sind in der Art von Jugendparlamenten brisante Themen aufzugreifen, die das Leben der heute jungen Menschen auch morgen noch betrifft: Zukunft der Arbeit, der Umwelt, der Migration, des Geschlechterverhältnisses, der psychischen Obdachlosigkeit und der familialen Lebensräume, des Vorrangs des Lebensdienlichen vor den toten Gütern.
Ist die Kirchenjugend "außenpolitisch" stark, gewinnt sie auch "innenpolitisch" an Gewicht. Es war eine kluge Geste, sich erstmals am Jahrestag der Delegiertenversammlung des Dialogs für Österreich zu treffen. Das ist ein Signal, daß die Kirchenjugend auch dann nicht resigniert, wenn sich ansonsten wenig bewegt. Der Dialog X ringt um eine Kirche mit neuem Gesicht, gott- und menschennah, wie formuliert wurde. Über die Jugend kommt frischer Wind in das abgestandene Leben der österreichischen Kirche.
Dialog X: ein modischer Begriff, der verschleiern soll, daß er aus der Kirche kommt? Oder könnte das X - griechisch gelesen - ein diskreter Hinweis auf Christus sein, von woher auch die Kirchenjugend ihre Courage bezieht, in Zeiten, wo so viele resignieren, einen Aufbruch zu inszenieren?
